In einer einsamen Landschaft steht ein Schild, dessen Pfeile in mehrere Richtungen zeigen. Auf diesen steht geschrieben: Choose your path.

Ich kann mich nicht entscheiden!

Die richtigen Entscheidungen treffen – aber wie?

Wir müssen jeden Tag zahllose Entscheidungen treffen. Viele von ihnen sind uns nicht einmal bewusst und bei einigen entscheiden wir ganz einfach aus dem Bauch heraus. Bei manchen Entscheidungen zermartern wir uns aber den Kopf, wägen Pro und Contra ab und wechseln immer wieder von Ja zu Nein und von Nein zu Ja. Doch was macht diese schweren Entscheidungen aus? Wie kann bei ihnen eine mögliche Entscheidungsfindung aussehen? Und wie kann man es sich einfacher machen, wenn man zum Beispiel vor der Entscheidung für einen Studiengang steht oder im Studium oder Berufsleben eine schwere Entscheidung treffen muss?

Diese und weitere Fragen stellten wir Michael Pusler. Der Studiengangsleiter des Studiengangs Psychologie (M.Sc.) an der Hochschule Fresenius in München lehrt unter anderem das Modul Entscheidungspsychologie. In diesem Beitrag beantwortet er unsere Fragen rund um das Treffen schwerer Entscheidungen, erklärt wichtige Hintergründe und erläutert praktische Entscheidungsstrategien. Zudem findest du hier fünf einfache Tipps, die dir helfen, gute Entscheidungen zu treffen.

Was unterscheidet grob schwere Entscheidungen von leichten Entscheidungen? Und kann man aus dem Bauch Entscheidungen treffen?

Der Nobelpreisträger Daniel Kahnemann lehrt uns in seinem Bestseller Schnelles Denken, langsames Denken zwei Systeme, mit denen Menschen Entscheidungen fällen. Leichte Entscheidungen wären danach solche, die teilweise routinemäßig auf der Grundlage von Erfahrungswerten getroffen werden. Also zum Beispiel: Was ziehe ich an, wenn ich zur Hochschule gehe. Diese sogenannten System-1-Entscheidungen beruhen auf Heuristiken, das heißt individuell bewährten Entscheidungsregeln, mit denen wir immer gut gefahren sind oder die wir nach schlechten Erfahrungen korrigiert haben und dann gute Erfahrungen gemacht haben.

Aber nicht immer – um im Beispiel zu bleiben – fällt die Wahl der geeigneten Kleidung leicht. Wenn wir uns zum Beispiel für ein wichtiges Vorstellungsgespräch vorbereiten, wählen wir genau, bewusst, wir wägen ab, fragen nach etc., um ja keinen schlechten Eindruck zu hinterlassen. Hierzu liegen zum Beispiel Studierenden nach dem Studienabschluss aufgrund der Erst- beziehungsweise Einzigartigkeit der Situation keine gelernten Entscheidungsmuster vor. Wir können nicht auf Erfahrungswerte zurückgreifen, allenfalls noch auf die von anderen Menschen. Unabhängig vom gewählten Beispiel: Immer wenn eine Entscheidungssituation neu ist, zudem komplex, wir intensiv über den (für uns) richtigen Weg nachdenken, spricht man von System-2-Entscheidungen. Das wären dann die schweren Entscheidungen.

Das eine schließt aber das andere nicht aus: Entscheidungen können oft auf Grundlage beider Systeme beruhen. Hier spielt dann auch der „Bauch“ eine Rolle. Sogenannte „Bauchentscheidungen“ finden selbstverständlich auch im Kopf statt. Aber manchmal möchten wir uns auch gegenüber anderen rückversichern, weshalb eine bewusste Entscheidungsstrategie, die auch dokumentiert wird, gerade auch in vielen beruflichen Entscheidungssituationen hilfreich ist. Und da Entscheidungen oft in Situationen der Unsicherheit getroffen werden und nicht immer in der erhofften Weise das gewünschte Resultat nach sich ziehen, ist es manchmal auch hilfreich, im Nachhinein vor Augen zu haben, welche Gründe einen zu dieser Entscheidung bewogen haben.

Michael Pusler ist Studiengangsleiter des Studiengangs Psychologie (M.Sc.) an der Hochschule Fresenius in München und unterrichtet unter anderem das Modul Entscheidungspsychologie.

Porträtbild von Michael Pusler.

Eine wichtige Lebensentscheidung ist die Entscheidung für ein Studium. Warum fallen uns Entscheidungen wie diese oft so schwer? Und was kann oder sollte man tun, damit sie eine gute Entscheidung wird?

Entscheidungen, die uns schwerfallen, sind oft auch solche, bei denen Fehler gravierende Folgen haben können, zum Beispiel, wenn man sich an den „falschen“ Partner bindet, viel Geld für das „falsche“ Produkt ausgibt oder seine Zeit auf dem „falschen“ Karriereweg verschwendet. Das möchte man tunlichst vermeiden und ist dafür gerne bereit, Zeit und Energie in die Entscheidungsfindung zu investieren, denn es ist tatsächlich ein lohnendes und wichtiges Invest.

Rat zu suchen bei „Entscheidungs-Erfahrenen“ ist hier immer eine gute Strategie. Aber nicht immer findet sich jemand und manchmal ist die Aufgabenstellung völlig neu und es gibt schlichtweg niemanden, den man fragen könnte. Im betrieblichen Kontext empfiehlt es sich, Entscheidungshilfen einzusetzen und den Entscheidungsprozess genau zu dokumentieren. Entscheidungspsychologen sprechen hier auch vom Aufbau einer sogenannten Entscheidungsarchitektur. Denn nicht selten ist es insbesondere im beruflichen Kontext wichtig, im Nachhinein zu dokumentieren, was einen zu einer bestimmten Entscheidung bewogen hat – unter Umständen sogar zur Vermeidung von Haftungsansprüchen. Bei der Entscheidungsarchitektur geht es kurz gesagt darum, den eigenen Entscheidungs-Ablauf-Prozess zu strukturieren, das heißt zu klären: Was ist relevant? Welche Mittel beziehungsweise Ressourcen können eingesetzt werden? Mit welchen Auswirkungen ist zu rechnen? Wie effizient werden Maßnahmen sein? Welche Konsequenzen beziehungsweise Empfehlungen für einen Lösungsweg resultieren daraus? Der Einsatz einer solchen Strukturierungssystematik hilft, das oft diffuse Bild in Entscheidungssituationen mit vielen Alternativen und möglichen Ausgängen klarer vor Augen zu haben. Und das vermittelt in Entscheidungssituationen das wichtige Gefühl, den Überblick und somit eine gewisse Souveränität über die Entscheidungssituation zu erlangen.

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Auch im Studium ist man mit vielen wichtigen Entscheidungen konfrontiert und später im Berufsleben gehören schwere Entscheidungen für viele zum Alltag. Wie kann man mit diesen auf Dauer umgehen? Und welche konkreten Hinweise sollte man bei der konkreten Entscheidungsfindung beachten?

Zunächst einmal ist zu prüfen, ob eine solche oder eine ähnliche Entscheidungssituation schon einmal vorgelegen hat. Studierende können da beispielsweise auf ihre Erfahrungen aus schulischen Prüfungssituationen zurückgreifen. Und wenn man sich vergegenwärtigt, wie man damals verfahren hat und dass das letztendlich eine gute Entscheidung war, dann sollte man diese dann auch im Studium heranziehen. Wenn die Situation allerdings gänzlich neu ist und man auf nichts Bewährtes zurückgreifen kann, helfen neben Hilfsmitteln wie dem Fragen vertrauenswürdiger Personen, die diese Entscheidungssituation bereits erfolgreich absolviert haben, auch die Verwendung von sogenannten Entscheidungshilfen. Da gibt es sehr viele, weshalb meine Lehrveranstaltung zur Entscheidungspsychologie auch ein ganzes Semester füllt.

Solche einfachen, weil problemlos überall einsetzbaren Entscheidungshilfen zur Nutzwertanalyse – ein beliebter Begriff unter Entscheidungspsychologen – wären beispielsweise die Pro-Contra-Liste oder der Papiercomputer des Kybernetikers Frederic Vester. Hier nimmt man sich, was wichtig ist, ausreichend Zeit, die relevanten, für einen selbst wichtigen Punkte zu notieren. Zum Beispiel können bei der Frage „Was ist mir wichtig bei der Berufswahl?“ die möglichen Antworten sein: das Gehalt, die Vereinbarkeit von Familie und Beruf, eine abwechslungsreiche Tätigkeit, ein Dienstwagen etc. Wichtig ist dabei, wirklich alles Relevante zu bedenken, denn die Güte dieser Entscheidungshilfe hängt maßgeblich davon ab. Da sich die Aspekte manchmal widersprechen – beispielsweise bekommt man einen Dienstwagen nur, wenn man die Führungslaufbahn wählt, die aber wenig Zeit für Privates lässt – lohnt es sich, auch genau zu überlegen, was wirklich und wie wichtig es ist. Man kann hierzu noch eine individuelle Gewichtung vornehmen.

Da aber die Zukunft niemand voraussehen ist und damit jede Entscheidungshilfe mit Unsicherheit verbunden ist, gilt es, sich gedanklich Szenarien vorzustellen, zum Beispiel in Form von Entscheidungsbäumen, bei denen die Äste unterschiedliche Alternativen markieren. Zum Beispiel könnte der Berufseinstieg zunächst bei einem Beratungsunternehmen den späteren Wechsel in ein renommiertes Unternehmen mit gehobenen Gehalts- und Sozialleistungen erleichtern. Solche Überlegungen können zusätzlich in eine Pro-Contra-Liste verschiedener potenzieller Arbeitgeber einfließen. Jeder von ihnen wird dann für sich nach individuell getroffenen Bewertungsmaßstäben gescreent. Das kann man über ein Punktesystem machen und diejenige Alternative mit den meisten Punkten sollte dann gewählt werden. Aber kann man sich sicher sein, die richtige Gewichtung und die richtigen Punkte benannt zu haben? Hierfür gibt es leider keine absolute Sicherheit, weshalb eine ehrliche Hilfe auch keine absolute Sicherheit suggerieren darf. Aber oft hilft es bereits viel, sich die richtigen Fragen zu stellen, zum Beispiel mittels Zielfragen über die verfolgte Absicht oder allgemein die W-Fragen zu Hintergründen von Entscheidungsalternativen. So kann man ein gutes Gefühl bekommen, alles Wichtige zur Lösungsfindung getan zu haben.

Denn was manchmal auch passieren kann – und das finde ich immer wieder faszinierend: Findet man auf diese Weise (s)eine Lösung mit Maximalpunktzahl, kann es sein, dass man damit gar kein gutes Gefühl hat. Hier hat offenbar der „Bauch“ bereits seine Entscheidung getroffen. Und da sollte man dann gut in sich hineinhören, denn das führt nicht selten zur besseren Entscheidung. Doch wie gesagt, eine absolute Sicherheit über den zukünftigen Ausgang kann leider auch die beste Entscheidungshilfe nicht liefern. Und jede Entscheidungshilfe kann nur dann funktionieren, wenn sie auch konsequent beachtet, das heißt korrekt durchgeführt und praktisch umgesetzt wird. Im Nachhinein kann dann abschließend evaluiert werden, wie erfolgreich der Lösungsweg war, um darauf gegebenenfalls Konsequenzen beziehungsweise Anpassungen für künftige Entscheidungen abzuleiten.

5 Tipps, damit du leichter schwere Entscheidungen treffen kannst

Viele Entscheidungen fallen uns deswegen schwer, weil sie große Auswirkungen auf uns und unsere Zukunft haben können. Lasse dir deshalb bei der Entscheidungsfindung Zeit, denke in Ruhe über deine Motive, Vorstellungen und Wünsche nach und überstürze nichts.

Bei der Entscheidungsfindung gilt wie bei fast allem: In den allermeisten Fällen gibt es nicht nur die eine richtige Entscheidung und auch keine Entscheidung, die ausschließlich gut ist. Mache dir deshalb klar: Du hast immer eine Auswahl, musst aber auch immer zwischen Vorteilen und Chancen sowie Nachteilen und Risiken abwägen.

Wenn du vor einer schweren Entscheidung stehst, kann es dir helfen, die Perspektive zu wechseln. Gehe also ein paar Schritte zurück und schaue dir die Situation aus einem neuen Blickwinkel oder aus einer übergeordneten Perspektive an: Wohin soll dich deine Entscheidung kurzfristig und auf lange Sicht führen? Welche Vorteile erwartest du von ihr und mit welchen Nachteilen musst du rechnen, an die du vielleicht noch gar nicht gedacht hast?

Wenn dir eine Entscheidung schwerfällt, gibt es viele Hilfsmittel, die dich dabei unterstützen, deine Gedanken zu ordnen und dir darüber klar zu werden, was du willst. Zu diesen gehört zum Beispiel die Pro-Contra-Liste, der Entscheidungsbaum, mit dem du deine Möglichkeiten Schritt für Schritt durchgehen kannst, die Entscheidungs-Mind-Map oder der Papiercomputer von Frederic Vester.

Eins ist sicher: Du bist mit deiner Entscheidung nicht allein. Suche deshalb, wenn du dir nicht sicher bist, wie du dich entscheiden sollst, Rat bei einer Person, die schon einmal vor der gleichen oder einer ähnlichen Entscheidung gestanden ist, oder bei jemandem, dem du vertraust und auf dessen Meinung du Wert legst.

Bei deinen Entscheidungen rund um das Studium und den Einstieg ins Berufsleben stehen dir an der Hochschule Fresenius darüber hinaus deine Dozierenden, der AStA, unsere Competence Center und viele mehr mit Rat und Tat zur Seite.