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Manipulation leitet sich von den lateinischen Wörtern „manus“ und „plere“ ab und bedeutet so viel wie „Handhabung“. In der Medizin wird dieser Begriff beispielsweise auch in diesem übertragenen Sinn verwendet. Dort steht Manipulation für “mit der Hand durchgeführt“. Auch in anderen Wissenschaften ist Manipulation häufig eine nötige und Ziel bringende Maßnahme, wie zum Beispiel die Manipulation von Vergleichsgruppen in Studien. Im Alltag hingegen sieht es anders aus: Hier ist mit Manipulation die Beeinflussung von anderen zugunsten des eigenen Vorteils gemeint und damit in den meisten Fällen negativ behaftet. Für diese gezielte Einflussnahme auf andere werden Manipulationstechniken verwendet.
Wir zeigen, wie Sie Manipulationstechniken erkennen, einsetzen und abwehren. Prof. Dr. Gudrun Glowalla, Studiengangsleiterin Psychologie (B.Sc.) im Fernstudium, erklärt zudem, worauf Sie speziell bei Verkaufsgesprächen achten sollten.
Beeinflussung und Manipulation sind im Grunde sehr ähnlich. Nehmen wir als Beispiel einen sonnigen Tag, an dem Sie mit Ihrer Mutter spazieren gehen. Sie kommen an einer Eisdiele vorbei, die Sie bereits kennen. Sie sagen „Das Erdbeereis hier ist das Beste, das ich je gegessen habe!“. Eigentlich wollte Ihre Mutter eine Kugel Schokolade, jedoch ist die Chance sehr hoch, dass sie nach Ihrer Aussage Erdbeere wählt. Durch Ihre Empfehlung haben Sie das Handeln Ihrer Mutter beeinflusst. Dabei haben Sie ohne Hintergedanken gehandelt und ziehen keinen persönlichen Vorteil.
Anders sieht es jedoch aus, wenn das Erdbeereis in Wahrheit ziemlich schlecht ist und dringend verkauft werden muss. Der Eisverkäufer gibt Ihnen eine Kugel gratis, wenn Sie andere davon überzeugen, Erdbeere zu kaufen. Empfehlen Sie in diesem Beispiel Ihrer Mutter die Sorte, sprechen wir von Manipulation, da Sie zu Ihrem Vorteil entweder nicht die Wahrheit sagen oder Dinge verschweigen.
Stellen Sie sich vor: Sie sind mit Ihrer Familie essen. Die Servicekraft ist freundlich und aufmerksam, Sie bestellen die Rechnung und haben vor, drei Euro Trinkgeld zu geben. Die Servicekraft unterhält sich mit Ihnen und sagt „Weil Sie so nett sind, spendiere ich Ihnen noch einen ganz besonderen Absacker.“ Sie fühlen sich geschmeichelt und wertgeschätzt, immerhin bekommen Sie etwas geschenkt, weil Sie so freundlich sind.
Bleiben Sie bei Ihrem Vorhaben, drei Euro Trinkgeld zu geben? Wahrscheinlich nicht. Sie möchten die Wertschätzung erwidern und die Chance ist groß, dass Sie das Trinkgeld erhöhen. Diese Manipulationstechnik nennt man Reziprozität. Ein Geschenk oder Kompliment soll Sie dazu animieren, diese Geste zu erwidern.
Jetzt, wo Sie diese Technik kennen, fragen Sie sich vielleicht, was Sie tun können, um diese abzuwehren. Eigentlich ist es ganz einfach: Nehmen Sie ein Geschenk oder eine Geste – wie in unserem Beispiel ein Absacker – einfach an. Bedanken Sie sich und versuchen Sie sich nicht zu einer Mehrausgabe hinreißen zu lassen. Vielleicht plagt Sie zunächst ein schlechtes Gewissen, jedoch ist genau dies bei dieser Manipulationstechnik beabsichtigt und darüber müssen Sie sich klar werden.
Wiederholungen sind nicht nur gut, um beim Lernen Sachverhalte zu verinnerlichen. Je öfter wir etwas hören, sehen oder lesen, umso selbstverständlicher wird es. Aus diesem Grund werden in Werbeblöcken z. B. im Fernsehen oder Radio auch immer wieder dieselben Spots gezeigt und uns so suggeriert, dass wir dieses oder jenes Produkt unbedingt brauchen, weil es gute Qualität hat oder unser Ansehen steigert. Denn wenn im TV stetig wiederholt wird, dass ein Produkt gut ist, muss es schließlich auch so sein, oder?
Wenn ein Produkt, was wir attraktiv finden, nur noch schwer zu kriegen ist, dann steigert das unser Bedürfnis, es haben zu wollen. Ein gutes Beispiel hierfür sind Verkaufssendungen im Fernsehen: Wir sehen einen Countdown, der sich gnadenlos der Null nähert und die Person im TV erschlägt uns mit Argumenten, warum wir jetzt unbedingt zugreifen müssen. Wir wissen, wenn der Timer abläuft, ist das vermeintliche Spitzenangebot beendet. Vielleicht brauchen wir das Produkt eigentlich gar nicht, aber bei diesem Preis sollten wir vielleicht doch zugreifen, sonst ärgern wir uns, wenn es teurer wird. Wenn Sie in solch einer Situation zuschlagen mit der Befürchtung, das Angebot zu verpassen, wurden Sie wahrscheinlich manipuliert.
Jeder, der schon einmal etwas im Internet gekauft hat, kennt es: Wir interessieren uns für ein Produkt und schon bekommen wir auf der Webseite diverse Vorschläge, was andere Kund:innen gemeinsam mit unserem Produkt gekauft haben und werden so zu einem weiteren Kauf verleitet. Diese Manipulation zielt auf einen ganz bestimmten Wunsch ab: Etwas ganz Menschliches ist das Bestreben nach Integration in die Gesellschaft und nicht selten entsteht dadurch ein Herdenverhalten. Was viele andere tun, kann für mich nicht schlecht sein. Wenn alle hier lang gehen, sollte ich das auch tun. Und wenn viele andere mein Wunschprodukt zusammen mit etwas anderem gekauft haben, vielleicht sollte ich das auch tun?
Im Interview gibt Frau Prof. Dr. Gudrun Glowalla weitere Einblicke in das Thema Manipulation und erklärt, wie man sich vor Manipulationstechniken schützen kann.
Frau Prof. Dr. Glowalla, Hand auf Herz, haben Sie schon mal eine andere Person manipuliert?
Bestimmt habe ich das schon versucht und auch ab und an erfolgreich geschafft. Hätte ich behauptet, dass ich noch nie jemanden manipuliert hätte, wäre das eine typische Antwort, die auf soziale Erwünschtheit hinweist. Wenn wir Menschen zu ihrem Verhalten befragen, dann können wir immer wieder beobachten, dass sie sozial erwünschte Verhaltensweisen nennen. Wenn jemand beispielsweise in einem Fragebogen ankreuzt: „Ich lüge nie“, dann ist die Wahrscheinlichkeit sehr hoch, dass genau das eine Lüge ist.
Zurück zum Manipulieren: wenn ich andere Menschen dazu bringen möchte, etwas zu tun oder zu lassen, dann nehmen ich Einfluss oder versuche es zumindest. Das machen wir dauernd. Zur Manipulation wird es, wenn wir unter Vorspielen falscher Tatsachen andere zu unserem Vorteil zu bestimmten Verhalten bewegen wollen. Sagt mir eine Verkäuferin beispielsweise, dass mir ein teure Hose besonders gut steht, obwohl sie das gar nicht so sieht, sondern die Hose unbedingt verkaufen will, um ihre Verkaufszahlen zu steigern, dann ist das ein klarer Manipulationsversuch.
Wann sollten wir in einem (Verkaufs-)Gespräch stutzig werden und darüber nachdenken, ob wir gerade manipuliert werden?
Ich sollte immer dann stutzig werden, wenn der Verkäufer oder die Verkäuferin mir zu sehr nach dem Mund redet. Jemand der mir in allem Recht gibt, ist schon mal verdächtig. Da hilft ein einfacher Test: Sagen Sie einfach mal, das genaue Gegenteil von dem was Sie meinen und was Sie bisher gesagt haben. Wie ist die Reaktion, wieder Zustimmung?
Auch sollte man vorsichtig sein, wenn die Verkäuferin oder der Verkäufer einem zu schnell zu sehr sympathisch wird. Menschen, die uns sympathisch sind, kaufen wir lieber etwas ab. Sympathie können wir befördern, indem wir unserem Gegenüber möglichst ähnlich erscheinen. Erwähne ich beispielsweise, wie gerne ich schwimme gehe, dann geht mein Gegenüber auch gerne schwimmen. Schwärme ich von meinem letzten Italienurlaub, macht mein Gegenüber auch sehr gerne Urlaub in Italien. Das funktioniert nach dem Prinzip: wer mir ähnlich ist, ist mir auch sympathisch. Verstehen Sie mich nicht falsch, ich finde es wunderbar, wenn mir Menschen sympathisch sind, das ist immer besser als unsympathische Zeitgenossen. Wenn ich aber den Eindruck gewinne, dass hier künstlich Sympathie erzeugt werden soll, dann ist Vorsicht geboten.
Auf welche Weise werden wir im Alltag manipuliert?
Über diese Frage könnte man ein dickes Buch schreiben. Manipulation gibt es in allen Lebenslagen. Besonders häufig haben wir das natürlich im Bereich des Konsumverhaltens: hier werden wir ständig manipuliert, indem Produkte mit schönen Bildern und attraktiven Menschen verknüpft werden und uns so suggeriert werden soll, dass wir mit dem Produkt auch ein bisschen von dem Life Style abkriegen.
In den letzten Jahren hat die Manipulation in den Sozialen Medien enorm zugenommen. Hier geht es nicht nur um Konsumverhalten, sondern auch um politische Einflussnahme. Fake News sind Manipulation. Es werden Lügen verbreitet, um Menschen zu beeinflussen. Leider ist es auch in Demokratien auf höchster politischer Ebene kein Tabubruch mehr, wenn systematisch gelogen wird, Trump ist hier leider kein Einzelfall. Hier sind wir alle gefordert, uns aktiv gegen diese Manipulationsversuche zu wehren.
Zunächst müssen wir uns damit auseinandersetzen, wie Manipulation funktioniert. Manipulation funktioniert häufig so, dass bewährte soziale Prinzipien ausgenutzt werden, um uns zu einem Verhalten zu bewegen. Nehmen wir das Prinzip der Reziprozität. Wir bekommen ein kleines Geschenk, das wir vielleicht gar nicht wollen (z.B. einen Kugelschreiber), um damit bewegt zu werden, an einer Befragung teilzunehmen, was wir auch nicht wollen. Schauen wir auf das Prinzip der sozialen Bewährtheit: alle essen gerne diese Sorte Vanilleeis, dann muss es doch gut schmecken und ich sollte es kaufen.
Fragen Sie sich, ob da gerade jemand an das Einhalten solcher sozialen Prinzipien appelliert und ob das in dieser Situation wirklich angemessen ist, dem Prinzip zu folgen.
Um sich vor Einflussnahme in sozialen Medien zu schützen, sollte man sehr genau prüfen, aus welcher Quelle die Information stammt. Werden Meinungen anderer diffamiert oder gar zu Hass und Ausgrenzung aufgerufen, dann ist auch das ein Manipulationsversuch.
Sie sind Studiengansleitung Psychologie (B.Sc.) im Fernstudium, welche spannenden Themen werden dort – neben dem Bereich der Manipulation – noch vermittelt?
Manipulation ist ein kleines, aber spannendes Thema, das in der Sozialpsychologie und in verschiedenen Anwendungsbereichen betrachtet wird. Die Psychologie hat nur spannende Themen 😉, denn die Psychologie beschäftigt sich mit dem Denken, Handeln und Fühlen der Menschen. Die meisten Menschen finden genau das spannend.
In der Psychologie befassen wir uns mit vielfältigen Themen: wie betrachten die Persönlichkeit, wir untersuchen, wie Menschen Problem lösen, wie das Gedächtnis funktioniert oder wie wir lernen. Wir befassen uns mit dem Menschen im Arbeitskontext: welche Führungsstile haben welche Auswirkungen auf die Mitarbeiter, wie arbeiten Teams effizient, wie erhalten wir langfristig die Gesundheit unserer Mitarbeiter? Aber auch psychischen Störungen und ihre Behandlungen sind Themenfelder der Psychologie: Welche psychischen Störungen gibt es? Wie können wir diese diagnostizieren und behandeln? Darüber hinaus bieten auch die anderen Felder der angewandten Psychologie spannende Fragen: Wie können wir lebenslanges Lernen unterstützen? Wie bewältigen Menschen die Herausforderungen der Digitalisierung? Wir wirken sich kulturelle Unterschiede auf unser Denken und Verhalten aus? Sie sehen, es gibt viele spannende Fragen, die im Studium behandelt werden.
Vielleicht mag der ein oder andere jetzt denken, muss man in der Psychologie nicht auch Statistik machen, das ist doch nicht spannend. Auf den ersten Blick vielleicht nicht, aber Statistik ist ein notwendiges Handwerkszeug, um wissenschaftliche Erkenntnisse zu gewinnen. Um das menschliche Denken, Handeln und Fühlen zu untersuchen, haben wir eine Fülle von Forschungsmethoden, mit denen wir Untersuchungen gestalten und Daten erheben. Um die gewonnenen Daten interpretieren zu können, brauchen wir statistische Verfahren. Grammatik mag man auch nicht spannend finden, aber um eine Sprache sprechen zu können, müssen wir auch das lernen.
Das Psychologiestudium hat viele spannende Facetten und eröffnet den Einstieg in interessante berufliche Möglichkeiten.
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