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Interview: Sind KI-Skills bald wichtiger als der Doktor-Titel?

17.04.2025
von Charleen Hatt | Hannes Hilbrecht

Dominic von Proeck
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Das Wichtigste in 60 Sekunden

  • Dominic von Proeck ist erfolgreicher Unternehmer, KI-Pionier und für dich interessant: Gastdozent an der Hochschule Fresenius.
  • In seiner Unternehmung setzt Dominic von Proeck sogar auf KI-Mitarbeitende. Sie nehmen ihnen lästige Alltagsaufgaben ab.
  • Warum KI-Fähigkeiten, die du an der Hochschule Fresenius lernst, so bedeutsam sind? Wer KI-Skills mitbringt, hat bessere Chancen auf Jobs mit Perspektive.
  • Wenn du KI richtig bedienen möchtest, musst du vor allem kommunizieren lernen. Je besser du Aufgaben briefen und feedbacken kannst, desto hochwertiger werden dir KI-Tools perspektivisch zuarbeiten.
  • Neugier ist eine elementare Eigenschaft, wenn du mit KI erfolgreich sein willst. Dicht gefolgt von Kreativität und Mut.
Master Computer Science studieren
Background Bild: Master Computer Science studieren

Dominic von Proeck bringt nicht nur durch sein Auftreten etwas Punk in die Bildungswelt. Der Unternehmer und KI-Experte experimentierte bereits früh mit künstlichen Intelligenzen und baute Firmen auf diesem Know-how auf. Jetzt widmet er sich der KI in der Bildung, unter anderem als Dozent an der Hochschule Fresenius. Warum KI-Fähigkeiten für alle Studierenden unabdingbar sind – und was sie wirtschaftlich bringen, verrät er im Interview.

Dominic von Proeck

Dominic von Proeck

Dominic von Proeck ist ein Experte für Künstliche Intelligenz mit Schwerpunkt auf deren Anwendung in Wirtschaft und Bildung. Als Gründer und Geschäftsführer von „Leaders of AI” bildet er Führungskräfte und Selbstständige aus, um die KI-Transformation ihres Unternehmens erfolgreich zu meistern. Seit 2024 ist er Gastdozent an der Hochschule Fresenius.

Dominic, wann hast du dich denn das erste Mal in KI verliebt?

Verliebt ist ein großes Wort, muss ich sagen. Ich bin sehr fasziniert und inspiriert von KI. Ob ich mich in sie verliebt habe? Ich weiß nicht, ob das so weit geht.

Du giltst als einer der Pioniere in Deutschland, was den Umgang mit KI angeht. Wie bist du erstmals damit in Berührung gekommen?

Ich habe ein Frühstudium in Informatik gemacht und bin danach in die Physik gewechselt. Die Spezialisierung lag auf der Computerphysik. Und dort war ich das erste Mal fasziniert, was mit Algorithmen im Machine Learning möglich ist.

Du hast auch mit KI gegründet. Der Traum vieler Studierenden, gerade aus Business-Fächern. Erzähl davon.

Mein erstes Unternehmen, das ich gegründet habe – Punk Inc. – setzte schon sehr früh KI ein. Wir haben mit dem Weiterbildungsunternehmen Führungskräfte von großen DAX-Unternehmen ausgebildet. Es war eine Art Flugsimulator für Leadership. Mit Punk haben wir stressige Situationen für Führungskräfte simuliert, adaptiert auf die jeweilige Einzelperson. Damit maximale Entwicklung möglich ist. Das fanden alle total cool! Aber wirklich verstanden, wie das funktioniert, haben die Leute nicht. Gilt übrigens auch für meine Eltern. Immerhin behaupten sie jetzt nicht mehr, dass ich ein Excel-Trainer sei. Jetzt sagen sie, der macht da irgendwas mit diesem ChatGPT.

KI und Hochschulbildung: Wo Studierende einen Wettbewerbsvorteil haben!

Kommen wir zum wesentlichen Thema: KI in der Hochschulbildung. Warum glaubst du, dass KI-Kompetenzen maßgeblich für beruflichen Erfolg sind, besonders für junge Menschen?

Ein Grund erkennen wir in immer mehr Studien. Die Universität Oxford hat vor gar nicht allzu langer Zeit eine große Arbeitsmarktanalyse veröffentlicht. Darin zeigt sich, dass KI-Skills momentan im Schnitt 16 Prozent mehr Gehalt bedeuten. Das ist fünfmal so viel wie bei der nächst gefragteren Fähigkeit, die man gerade auf dem Arbeitsmarkt sucht. Es gibt sogar Leute, die sagen, dass einem KI-Know-how gerade mehr bringt als ein Doktortitel. Also bezogen auf das Gehalt.

Wie stehst du zu dieser mutigen Aussage?

Ich finde es nachvollziehbar. Wenn man sich die wirtschaftliche Situation anschaut, nicht nur in Europa, sondern weltweit, dann erleben wir angespannte Situationen für den Mittelstand. Der Kostendruck ist hoch. Die Wettbewerbssituation ist global sehr anspruchsvoll. Fachkräfte fehlen. Da ist die Vorstellung, dass Künstliche Intelligenz effizienter macht und fehlende Menschen ersetzt, lukrativ. Es ist verständlich, dass Unternehmen für diese Perspektive Geld ausgeben.

Dominic von Proeck

Welche Branchen profitieren aktuell am meisten von KI? Und was heißt das für Studierende?

Ehrlicherweise kenne ich kaum eine Branche, wenn überhaupt eine, die nicht davon profitiert. Schauen wir uns doch nur die Banalitäten des Arbeitsalltags an. E-Mails zum Beispiel oder Meetings – da nimmt uns die KI, wenn man sie denn nutzt, extrem viel ab. Bei uns bei Leaders of AI gibt es kein Meeting mehr, das nicht aufgezeichnet wird. Unser KI-Protokollant, wir nennen ihn Fred, nimmt alles auf und analysiert. Der übersetzt sogar Aufgaben bei uns ins Projektmanagement-Board. Wenn wir einen Termin mit einem Kunden haben, überträgt er die Infos ins Customer-Relationship-Management. KI wird die Arbeit in allen Jobs verändern, besonders in der Wissensarbeit. Und das müssen natürlich auch Studierende bedenken.

Wenn du nochmal neu anfangen könntest mit dem Wissen um die Zukunftsperspektive von KI, welchen Studiengang würdest du heute wählen?

Da fragst du ja genau den Falschen, weil ich ja sowohl mein Informatik- als auch mein Physikstudium abgebrochen habe und mich dann lieber mit dem Unternehmertum beschäftigt habe. Ich glaube aber, wenn ich noch mal studieren würde, dann würde ich auf jeden Fall ein Studienfach wählen, das diese ganzen Soft Skills sehr stark vermittelt. Was ich damit meine ist die Kommunikationsstärke. Also die Fähigkeit, Themen gut delegieren zu können oder kritisch zu hinterfragen.

Was hat das mit KI zu tun?

Wir dachten am Anfang naheliegend: Je besser du digitale Probleme lösen kannst, desto besser bist du im Umgang mit KI. Nun ist es so, dass wir bei Leaders of AI viel mit Führungskräften und Selbständigen arbeiten, die sich gar nicht so gut auskennen mit den Digitalsachen. Die schon verzweifelt sind, wenn Outlook ein Update macht. Und ausgerechnet diese Personen, die Nicht-so-Digitalen, erzielen herausragende Ergebnisse. Da mussten wir uns fragen: Warum?

Und warum?

Weil sie sehr gute Führungskräfte sind. Das heißt: KI wie einen Mitarbeiter anzuleiten, ist momentan die beste Art und Weise, KI zu nutzen. Damit meine ich vor allem generative KI wie ChatGPT und Co.
Im Grunde ist es doch so: Man delegiert einem Praktikanten Aufgaben, schaut sich die Ergebnisse an und prüft, ob das passt. Und dann gibt man Feedback. Wer darin brilliert, kann eine generative KI richtig gut nutzen. Deswegen ist meine Haltung klar: Je besser die Soft Skills entwickelt sind, desto besser wird man perspektivisch mit KI arbeiten.

Neben diesen Soft Skills, die du gerade so genannt hast: Welche grundlegenden Fähigkeiten sollte man als Einsteiger im Bereich KI mitbringen?

Logisches Denken ist wichtig, kritisches Denken ist wichtig. Also bloß nicht alle Inhalte glauben, die uns die KI zeigt. Das ist sehr relevant. Ein bisschen spezieller: Programmier-Skills. Ich habe sie noch richtig erlernt im Studium. Heute helfen mir diese Prinzipien, die ich immer noch im Kopf habe, extrem. Also logisch denken und ein Problem in eine Programmiersprache übersetzen können. Allein mit diesen Basics kann man viel abgefahrenes Zeug mithilfe von KI machen.

Gibt es Skills, die für den Einstieg in KI besonders bedeutsam sind?

Das ist kein klassischer Skill, aber Neugier ist ganz elementar. Bock haben, etwas auszuprobieren. So was wie: Ich mache heute am regnerischen Samstag einfach mal einen Song mit KI. Weder habe ich Ahnung von Musik, noch habe ich Ahnung von KI. Ich probiere es aber einfach mal aus. Und das ist genau die richtige Haltung, die junge Menschen gerade brauchen.

Wie unterscheiden sich die Anforderungen an KI-Skills je nach Berufsfeld? Zum Beispiel Wirtschaft, Medizin oder im Ingenieurswesen?

Smartphone

Meine LinkedIn-Posts werden seit etwa mehr als einem Jahr von einem KI-Mitarbeiter geschrieben – ich nenne ihn Hansi. Wenn da mal ein Fehler drin ist, dann kriege ich vielleicht mal einen fiesen Kommentar oder so. Aber das wars eben auch. Wenn jetzt ein Arzt von der KI eine Diagnose gestellt bekommt und sagt, hey, ich habe das Röntgenbild ausgewertet, Lungenkrebs, und das stimmt aber gar nicht, sind die Folgen ganz andere. Ähnlich beim Bauingenieur. Klar, kann die KI alles berechnen, aber eine KI kann auch halluzinieren, so nennen wir es, wenn sie Fehler macht. Bei kreativen Jobs kann eine Halluzination ja total spannend sein. Ich will jetzt aber nicht, dass mein Herzchirurg irgendwann kreativ wird. Der soll das immer schön ernst machen.

Kommen wir zu einer Tätigkeit, über die wir noch nicht so viel gesprochen haben. Du bist Gastdozent an der Hochschule Fresenius. Worauf sollten Studierende bei der Auswahl einer Hochschule achten, wenn sie KI-Kompetenzen erwerben wollen?

Das Anspruchsvolle ist die aktuelle Goldgräberstimmung. Das bedeutet, dass viele Bildungsanbieter, völlig egal wer, auf das Thema KI anspringen. Weil sie sagen, naja, das wird jetzt jeder wollen. Wenn man sich jetzt mal umschaut, dann haben plötzlich alle Universitäten irgendein KI-Angebot.
Das heißt aber noch lange nicht, dass sie KI leben, dass sie gute Dozentinnen und Dozenten haben. Richtig spannend wird es, wenn sich eine Hochschule dazu klar positioniert. Also sagt: Wir passen die Studiengänge an, weil wir aufgrund von KI vielleicht ganz andere Fähigkeiten lernen müssen und vielleicht auch ganz andere Inhalte.

Was zeichnet denn die Hochschule Fresenius beim Umgang mit KI aus?

Die Hochschule Fresenius geht in einem hohen Tempo, aber vernünftig an die Sache ran. Die Verantwortlichen beschäftigen sich damit, sie nehmen das ernst und haben eine klare Richtung. Sie überstürzen aber nicht. Sie fragen – auch mich in der Vergangenheit – um Rat. Ob das, was erwogen wird, richtig ist. Die Kombination in der Haltung ist genau richtig: Sie investieren in das Thema, haben aber den Anspruch, nicht nur einem Marketing-Trend hinterherlaufen. Sie ringen um die beste Lösung für die Studierenden, und das hat mir wirklich imponiert. Es geht nicht um das bloße Tun, sondern um das Tun mit Mehrwert.

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Glaubst du, dass Hochschulen genug tun, um Studierende auf die KI-getriebene Arbeitswelt vorzubereiten?

Nein, das glaube ich nicht. Vor allem in Deutschland nicht. Nach diesen ganzen Marketing-Feuerwerken, die da gezündet werden, stecken wir immer noch sehr in den Kinderschuhen. In den Hochschulen wird darüber diskutiert, wie Hausarbeiten zustande kommen. Hat er das mit ChatGPT gemacht oder alleine? Wir stellen eindeutig die falschen Fragen!  Wir sollten eher darüber nachdenken, welche Fähigkeiten sich verändern müssen. Wie Studiengänge darauf reagieren. Stattdessen locken Hochschulen mit einer verkürzten Studienzeit.

Wie beeinflussen profunde KI-Kenntnisse die Jobchancen direkt nach dem Studium?

Noch mal der Schwenk zum Beginn des Gespräches, die Einstiegsgehälter. Wir bei „Leaders of AI” sind noch ein Start-up. Und trotzdem zahlen wir für Leute, die wir suchen, die KI-Skills haben, unfassbare Gehälter. Ich würde sagen, teilweise 50, 60, 70 Prozent mehr, als ich bei meinem vorherigen Start-up in Berlin noch gezahlt habe. Wer sich mit den richtigen Fähigkeiten gut positioniert, wird einen guten Job bekommen. Ich bin der festen Überzeugung, dass dieses Echo die nächsten Jahre noch anhalten wird. Weil wir, wenn wir uns den Arbeitsmarktindex anschauen, gar nicht genügend Fachkräfte finden werden, die die entsprechenden KI-Skills haben. Die Investition in eine Hochschule, die mit und für KI ausbildet, kann sich sehr lohnen.

Kommen wir zur Abschlussfrage, eine, die besonders für ambitionierte Studierende an der Hochschule Fresenius wichtig sein könnte: Wie relevant sind KI-Skills, um irgendwann gut führen zu können. Ein Projekt. Oder gar ein Team.

KI kann mich als Führungskraft in vielen Bereichen unterstützen. Das fängt beim Recruiting an und endet beim alltäglichen Führen. Ich will nur mal ein Beispiel herausgreifen, das für mich ein prägendes ist: Als Führungskraft zweifelt man genauso wie alle anderen auch. Wenn es um Menschen und Beziehungen geht, dann ist grundsätzlich sehr viel Raum für Zweifel und Hoffnung da.

Da ist KI ein super Sparringspartner. Einfach mal fragen: Wie würdest du mit Situation umgehen? Wie mache ich das? Wie würdest du die Lage lösen? Das wäre mein Ansatz.

Allein jemanden zu haben, mit dem man über diese Führungszweifel sprechen kann, bevor man in die Situation geht, ist schon unendlich wertvoll. Da spreche ich noch gar nicht davon, wie das Recruiting effizienter wird. Am Ende zeigt sich aber: Der Umgang mit KI ist keine rein technische Frage. Es ist vor allem Einstellungssache. Und die muss die Hochschule Fresenius weiterhin an künftige Führungskräfte oder gut ausgebildete Mitarbeitende konsequent vermitteln.

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