Eine junge Frau hält in einer Hand eine Mappe, die andere Hand ist zu Faust geballt, die Freude über Erfolg ausdrückt.

Keine Panik! Strategien für eine erfolgreiche Prüfung

Hast du das auch schon einmal erlebt? Du bereitest dich intensiv auf eine Prüfung vor, lernst alle Zahlen, Namen und Fakten, recherchierst Hintergründe und erarbeitest dir wichtige Zusammenhänge. Eine stressige Zeit, aber am Ende bist du dir sicher: Die harte Arbeit wird sich auszahlen. Dann sitzt du aber in der Prüfung und dir fällt auf einmal diese eine wichtige Info, die du eigentlich im Schlaf kennen solltest, einfach nicht mehr ein. Was kannst du jetzt tun?

„Eine banal wirkende erste Regel lautet: Die Ruhe bewahren und durchatmen“, empfiehlt Prof. Dr. Erwin Hoffmann. Der Studiendekan für Wirtschaftspsychologie (B.Sc.) an der Hochschule Fresenius in Düsseldorf ist auch Autor eines Buches über Lernstrategien für eine erfolgreiche Prüfungsvorbereitung. Im Interview erklärt er, warum wir unser Potenzial manchmal nicht abrufen können, wie wir in solchen Situationen handeln sollten und wie wir mit Lernstrategien schon am Anfang des Semesters dafür sorgen können, dass es am Semesterende erst gar nicht zu diesen kommt.

Viele von uns kennen das: Wir bereiten uns gut auf eine Prüfung vor und haben den Eindruck, alles Relevante zu wissen. Dann will uns aber dieser eine Name oder diese eine wichtige Zahl nicht einfallen. Woran kann das liegen?

Wer sich auf eine Prüfung vorbereitet, tut dies ja in der Regel, um diese zu bestehen, vielleicht sogar, um mit einem guten oder sehr guten Ergebnis zu bestehen. Allerdings gibt es grundsätzlich zwei Faktoren, die den gewünschten Erfolg behindern können: Da ist zunächst einmal die falsche oder nicht optimierte Lernstrategie. Diese kann als Hauptgrund dafür gelten, dass die Studierenden den Lernstoff in der Prüfung nicht abrufen können. Fehler in der Lernstrategie – und in der mit ihr einhergehenden regelmäßigen Lernreflexion – können übrigens auch dazu führen, dass man nur den subjektiven Eindruck hat, alles Relevante zu wissen, während der prüfungsrelevante Lernstoff tatsächlich viel umfangreicher ist. Der zweite Faktor, der aber nicht bei allen auftritt, ist das möglicherweise aufkommende Lampenfieber und aufkommender Lernstress, die beide zu Blockaden führen können.

Was passiert in einer Prüfung mit uns körperlich und geistig? Und was können wir tun, wenn wir merken, dass wir sehr nervös sind und uns wichtige Dinge entfallen?

Prüfungen können vor und während des Termins Stress, Angst und Lampenfieber auslösen. Dies trifft aber nicht auf alle Studierenden zu. Die meisten wissen wahrscheinlich auch aufgrund ihrer bisherigen Erfahrungen in der Schule oder Hochschule, ob beziehungsweise wie stark sie davon betroffen sind. Bei den Betroffenen kommt es dann oft darauf an, ob es sich um eine mündliche oder schriftliche Prüfung handelt. Gerade das Präsentieren und freie Sprechen unter Prüfungsbedingungen ist nicht jedermanns Sache. Wer bei einem Kolloquium, einer Präsentation oder einem Referat vorne stehen muss, fühlt sich oft ausgeliefert und ungeschützt. Das Verstecken hinter dem Sprechpult oder dem eigenen Redeskript ist dann eine ganz normale (Schutz-) Reaktion. Dem eigentlich notwendigen, aber in der Prüfungssituation dann als unangenehm empfundenen Blickkontakt versucht man mit einem dauerhaften Blick ins eigene Skript, auf den eigenen Laptop oder auf die Leinwand zu entgehen. Immerhin kann man bei dieser Prüfungsform mit Medien arbeiten, über die man auf die eigenen visualisierten Inhalte und den eigenen roten Faden zurückgreifen kann.

Schwieriger ist dies bei einer klassischen mündlichen Prüfung, zum Beispiel in einem Frage-Antwort-Setting, in dem die Impulse zur geforderten Wissensabgabe und auch die Reihenfolge von den Prüfer:innen ausgehen. Der rote Faden liegt sozusagen auf der Prüferseite und so werden einige Studierende zuweilen von den Fragen überrascht, was zu noch mehr Stress oder gar zum gefürchteten „Blackout“ führen kann. Ähnliches kann bei Klausurprüfungen passieren: Auch hier können Studierende erleben, dass gefragte Inhalte nicht mehr abrufbar sind, obwohl sie vorher gelernt wurden.

Eine banal wirkende erste Regel lautet: Die Ruhe bewahren und durchatmen! Und dann gegebenenfalls die eine oder andere Strategie anwenden: Wer im Vortrag den roten Faden verliert oder im Satz stecken bleibt, kann beispielsweise zum nächsten Stichwort gehen, wenn der Inhalt nicht auf der begleitenden Visualisierung sichtbar ist. Man kann den Satz, über den man gestolpert ist, auch neu beginnen und dabei das betreffende Wort vermeiden beziehungsweise die Panne mit Redewendungen überspielen, wie beispielsweise: „Anders ausgedrückt …“ oder „Besser formuliert …“. Auch das bewusste langsame Sprechen und das Nutzen von Pausen helfen dabei, den roten Faden wiederzufinden. Bei der Klausurprüfung gilt Ähnliches: Die schwierige Frage wird zunächst einmal ausgelassen und man schreibt die Antworten zu den weniger schwierigen Fragen zügig runter. Anschließend nutzt man die Restzeit für die bisher nicht beantworteten Fragen.

Wie können wir schon in der Vorbereitung dazu beitragen, dass wir in der Prüfung das, was wir können, auch umsetzen? Und wie können uns dabei Lernstrategien helfen?

Bevor wir etwas in der Prüfung umsetzen können, müssen wir es erst einmal tatsächlich können, wissen oder beherrschen. Eine geplante und sorgfältige Vorbereitung im Rahmen einer wohlüberlegten Lernstrategie ist die wichtigste Maßnahme, um sich auf der einen Seite den Lernstoff nachhaltig anzueignen und auf der anderen Seite Prüfungsangst und Stress abzubauen. Wenn man dagegen unvorbereitet in Prüfungen geht, reagiert man völlig situationsangemessen, wenn man Angst hat oder eben zu wenig weiß.

Eine Lernstrategie umfasst einen von den eigenen Lernzielen geprägten Lernplan. Es handelt sich hier im Grunde um eine Art Projektplan für das eigene jeweilige „Lernprojekt“, zum Beispiel für einzelne schwierige Fächer oder für das ganze Semester. Dieser Plan und seine Umsetzung umfassen erstens das regelmäßige Lernen von Semesterbeginn an, zweitens den zielorientierten Einsatz verschiedener Lerninstrumente und -ansätze sowie des Selbst- und Zeitmanagements und drittens regelmäßige Reflexionsschleifen zum Stand des Wissens und zum jeweiligen Erfolg der angewandten Lern- und Selbstorganisationsinstrumente.

Du begeisterst dich für Psychologie und Wirtschaftspsychologie?

Du interessierst dich für Themen wie Lernstrategien oder das Erleben und Verhalten von Menschen im wirtschaftlichen Kontext? Dann erfahre hier mehr über den berufsbegleitenden Bachelor Wirtschaftspsychologie (B.Sc.). Zudem kannst du an der Hochschule Fresenius in Vollzeit, berufsbegleitend oder im Fernstudium in zahlreichen weiteren Studiengängen rund um die Themen Psychologie und Wirtschaftspsychologie studieren.

Inwiefern können uns Lernstrategien dabei unterstützen, sich Informationen besser merken zu können, Themen besser zu verstehen und sich so besser auf Prüfungen vorbereiten zu können?

Grundsätzlich beinhaltet eine Lernstrategie beziehungsweise der an Lernzielen orientierte Lernplan eine Zeitplanung, die den gesamten Lernprozess eines Semesters umfasst. Das ganze Semester zu nutzen, verschafft die Zeit für ein nachhaltiges Lernen und Zeitpuffer für Unvorhergesehenes. In einem solchen Plan können zahlreiche Wiederholungen mit unterschiedlichen Lerninstrumenten und -techniken sowie unter Berücksichtigung verschiedener Lernkanäle vorgesehen sein und er bietet auch die Möglichkeit, das eigene Lernverhalten oder auch die Lernbedingungen im Lernprozess nachjustieren zu können: Wenn man beispielsweise merkt, dass die Lerngruppe das Lernen eher behindert, kann man diese noch rechtzeitig verlassen oder wechseln. Wenn man nicht zu Hause lernen kann, weil zum Beispiel die kleinen Geschwister zu laut sind, kann man den Lernplatz in die Hochschulbibliothek verlegen. Wenn man erkennt, dass man über den Besuch der Vorlesungen und das anschließende nochmalige Lesen der Folien und Mitschriften den Lernstoff trotzdem nicht gut lernt, kann man beispielsweise darüber nachdenken, sich ihn über andere Lernkanäle besser zu merken: Zum Beispiel mit Hördateien mit dem aufgesprochenen Lernstoff oder über die körperliche Verarbeitung durch die Anfertigung von Lernpostern und damit, dass man den Lernstoff anderen vorträgt.

Welche konkreten Lernstrategien können Sie Studierenden für die Prüfungsvorbereitung empfehlen? Welche Tipps können Sie ihnen zudem geben?

Zu Beginn lohnt sich immer eine Analyse. Wie schätzt man den Lernstoff hinsichtlich des Umfangs, des Schwierigkeitsgrades und hinsichtlich der Frage ein, ob es sich um ein interessantes oder weniger interessantes Thema handelt? Aus dem Ergebnis lassen sich dann Ableitungen für den weiteren Lernprozess gewinnen: Stoff, der umfangreich oder schwierig und uninteressant erscheint, wird sicherlich mehr Zeit beim Lernen und den Einsatz zusätzlicher Lerninstrumente erfordern.

Es ist sinnvoll, wöchentliche Arbeits- beziehungsweise Lernpläne zu verfassen, sodass die Woche strukturiert wird und auch die Dinge Berücksichtigung finden, die nichts mit dem Lernen zu tun haben. Diesen Lernplan kann man mit seinem sozialen Umfeld und gegebenenfalls mit seiner Lerngruppe abstimmen. Die anderen Studierenden in der Lerngruppe können auch als Verbündete im gemeinsamen Kampf gegen den „inneren Lern-Schweinehund“ dienen. Weitere wichtige Verbündete sind die Dozierenden, die Fragen beantworten und den Stoff noch einmal anders mit Beispielen erklären können. Wesentliche Lerninstrumente sind daher auch der effiziente Besuch der Lehrveranstaltungen, das engagierte Mitmachen, das Stellen von Fragen, das gründliche Vor- und Nachbereiten der Inhalte sowie das Nutzen von Übungsmöglichkeiten.

Für den persönlichen Lernprozess lohnt sich zudem die Anwendung klassischer Lern-, Wiederholungs- und Arbeitstechniken, wie die Karteikastenmethode, Lesetechniken, strukturierte Mitschriften, Mindmaps und Mnemotechniken. Aber auch Entspannungstechniken und positive Selbstgespräche zur Vermeidung von Stress und Prüfungsangst sollten im Repertoire nicht fehlen.

Porträtbild Prof. Dr. Erwin Hoffmann.

„Eine geplante und umgesetzte Lernstrategie erhöht immer die Wahrscheinlichkeit einer guten Note in der Prüfung. Allerdings bedeutet sie auch Arbeit und notwendiges Engagement. Aber wie heißt es: Lernen ist ja auch kein Zuschauersport!“

Prof. Dr. Erwin Hoffmann ist Studiendekan für Wirtschaftspsychologie (B.Sc.) an der Hochschule Fresenius in Düsseldorf und Experte für die Themen Lehren und Lernen.