Grafik: Mit Achtsamkeit Stress loswerden

Achtsamkeit lernen und anderen vermitteln 

Im Studium der Psychologie oder der Wirtschaftspsychologie lernen angehende Psycholog:innen verschiedene Arbeitsbereiche und Theorien kennen. Ein wichtiges Element in vielen späteren Berufen: Achtsamkeit. Prof. Dr. Nikolai Egold, Arbeitspsychologe und Studiendekan des Studiengangs Psychologie (B.Sc.), erklärt im Interview, warum die Positive Psychologie ein wichtiger Grundpfeiler ist und wie du dich mit dem Studienschwerpunkt Positive Psychologie & Mindfulness auf einen Job beispielsweise im Coaching oder in der Beratung vorbereiten kannst. 

Achtsamkeit ist in aller Munde, aber warum ist sie eigentlich wichtig? 

Die Arbeitsbelastung der Menschen steigt – vor allem die psychische, weil immer mehr Menschen einer hauptsächlich geistigen Beschäftigung nachgehen. Die Zahl der Angestellten steigt, die aufgrund von psychischen Belastungen krankgeschrieben werden. Wenn man sich körperlich verletzt und Schmerzen hat, merkt man das sofort und geht zum Arzt oder versorgt die Wunde selbst. Psychische Belastungen, wie beispielsweise Burnout, zeigen sich erst sehr spät durch körperliche Symptome wie (dauerhafte) Müdigkeit und Erschöpfung. Oft werden erste Warnsignale auch ignoriert oder sie fallen einem kaum auf – das würde uns bei einer physischen Verletzung in der Regel nicht passieren. 

Allein deshalb ist Achtsamkeit so wichtig. Sie hilft uns, psychischen Belastungen schneller und besser entgegenzuwirken. Bei Achtsamkeit geht es nicht um gnadenlose Selbstoptimierung, sondern um Resilienzstärkung, Prävention und Rehabilitation – also darum, den Menschen zu helfen, sich besser zu schützen. 

Achtsamkeit ist wichtig für die Vorbeugung von Stress.

Das klingt, als sollten sich alle Menschen damit befassen und nicht nur Psycholog:innen, oder? 

Ja, auf jeden Fall. Ausgebildete Psycholog:innen können anderen Menschen mit wissenschaftlich fundierten Übungen und Beratungen helfen, achtsamer zu werden. Die Achtsamkeit gehört zur Disziplin der Positiven Psychologie. In diesem Bereich beschäftigt man sich eher mit der Erhaltung der Gesundheit statt der Heilung einer Krankheit. Die Idee dahinter ist: Was trägt zum Wohlbefinden bei? 

Das Wort „Achtsamkeit“ ist noch nicht so lange gebräuchlich und erst circa 10 Jahre lang im Fokus der Psychologie. In den 70ern wurde in der Medizin auf Basis beispielsweise des Buddhismus erkannt: Wenn der Geist gesund ist, gehen Stress, Angst und Krankheiten zurück. Deshalb geht die Positive Psychologie und die Achtsamkeit in Richtung Stressreduktion: Was tut uns gut und was macht uns glücklich? 

Wie funktioniert ein Achtsamkeitstraining?

Achtsamkeit ist im Grunde ein Wahrnehmungstraining. Im Normalfall nehmen wir sehr selektiv wahr und daher auch nur bestimmte Reize. Achtsamkeit sorgt dafür, dass wir Informationen bewusster wahrnehmen. Dafür gibt es viele verschiedene Übungen, die man unter der Anleitung von Psycholog:innen erlernen und im Alltag integrieren kann. 

Als Beispiel das Thema Urlaub: Der Sommerurlaub ist eine Möglichkeit, vom stressigen Alltag abzuschalten. Dafür müssen wir das Abschalten aber auch zulassen. Mit einem gezielten Achtsamkeitstraining vorher, schaffen wir es besser, den Switch zwischen Arbeitsleben und Urlaub zu betätigen. Das verhindert auf lange Sicht auch negative Gedanken über den Alltagstrott im Urlaub. Diese Gedankengänge machen es einem nämlich schwer, abzuschalten. Und genau dieses Abschalten brauchen wir.

Man muss also rechtzeitig mit so einem Training anfangen? 

Ja, das wäre gut. Kurzfristige Übungen gehen natürlich auch, wenn man sie intensiv ausübt. Hierfür braucht man im Normalfall aber eine wirklich gute Anleitung. Klar, es gibt mittlerweile Apps und Videos dafür, aber das ersetzt kein Training mit einem oder einer gut ausgebildeten Psycholog:in. 

Portrait von Nikolai Egold
Prof. Dr. Nikolai Egold

Wie wird man denn zu einem guten Coach im Bereich Achtsamkeit? 

In unserem Bachelorstudium der Psychologie bieten wir den Schwerpunkt Positive Psychologie & Mindfulness an. Mindfulness ist im Prinzip nur die englische Übersetzung für Achtsamkeit. In diesem Modul lernen die Studierenden, wissenschaftlich fundierte Achtsamkeit zu verstehen und verständlich in eigenen Worten anderen zu erklären. Die Studierenden lernen beispielsweise auch den Umgang mit guten Apps kennen, sodass sie diese den Menschen in ihren Beratungen an die Hand geben können und die Klient:innen dann auch wissen, wie sie mit den Apps umgehen müssen. 

Besonders für Beratungssettings ist dieser Schwerpunkt sehr hilfreich. Die Achtsamkeit hilft Menschen dabei, ihre Ressourcen zu nutzen. Die Studierenden lernen, Hilfe zur Selbsthilfe zu betreiben und das ist etwas Gutes für die gesamte Gesellschaft. 

Vielen Dank, dass Sie das Thema Achtsamkeit ein wenig greifbarer gemacht und spannende Einblicke in den Studienschwerpunkt der Psychologie gegeben haben!