In der Arbeit mit Kindern stellen wir zum Beispiel die Schulfähigkeit in den Mittelpunkt ergotherapeutischer Maßnahmen, während bei Erwachsenen häufig eine berufliche Wiedereingliederung nach einem Unfall das Zentrum allen Denkens und Planens darstellt.
Einen konkreteren Eindruck gibt vielleicht die Übersicht der fünf klassischen ergotherapeutischen Behandlungsverfahren: motorisch funktionelle, arbeitstherapeutische, neurophysiologische, neuropsychologische sowie psychosoziale Behandlungsverfahren.
Ich denke, Ergotherapie ist von außen immer schwer fassbar, weil Ergotherapeut:innen andauernd was anderes machen, je nachdem wo sie arbeiten. Aber im Kern geht es uns immer darum, dass unser Gegenüber – egal welches Alter – trotz Krankheit oder Behinderung am Leben teilhaben kann und dieses möglichst selbstständig gestaltet. Wir helfen Menschen, sich selbst (wieder) zu helfen – man unterschätzt diese Aussage so schnell und viele Menschen verstehen erst die Notwendigkeit von Ergotherapie, wenn sie nach einem Schlaganfall oder mit Parkinson eben genau dies nicht mehr können: einfach so den Alltag meistern.
Das klingt so, als gäbe es keinen typischen Berufsalltag, stimmt das?
Das ist für jemanden wie mich eine schöne Frage, die mich immer wieder lächeln lässt. Die Diversität im Profil der Ergotherapie bewirkt, dass der typische Berufsalltag von einer großen Vielfalt geprägt ist – es ist ein wahnsinnig abwechslungsreiches Arbeitsfeld und damit für Außenstehende so schwer greifbar.
Sicherlich haben alle Ergotherapeut:innen einen klassischen Berufsalltag in dem Bereich, in dem sie arbeiten – ich selbst war erst in einer Senioreneinrichtung und dann über mehrere Jahre in einer Unfallklinik, sowohl in der Handtherapie wie auch im Zentrum für Querschnittslähmungen. Sie können sich vorstellen, dass diese Bereiche ganz unterschiedliche Anforderungen an mich im Berufsalltag gestellt haben.
Verstehe! Wie sieht es mit Spezialisierungen aus und wie wird man Ergotherapeut:in?
Ergotherapeut:in wird man in Deutschland klassischer Weise über eine Ausbildung – diese erfolgt noch ohne Spezialisierung. Eine Spezialisierung kommt dann im Berufsleben über Weiterbildungen oder über ein (berufsbegleitendes) Studium, innerhalb dessen man sich nicht nur thematisch, sondern vor allem auch wissenschaftlich weiterbildet. Bei uns bietet sich beispielsweise der Studiengang Angewandte Gesundheits- und Therapiewissenschaften (B.Sc.) an. Hier studieren fünf verschiedene Professionen zusammen, was meiner Meinung nach die Versorgungswirklichkeit sehr gut spiegelt. Wir sehen im Gesundheitswesen, dass die Forderung nach einer interdisziplinären Kompetenzbildung immer wieder lautstark eingefordert wird – bei uns wird fachübergreifendes Denken und Handeln gelebt. Spezialisierungen bzw. Schwerpunkte für das eigene Berufs-/Leben können die Studierenden über Wahlbereiche und die Themenschwerpunkte in Prüfungen verwirklichen, so dass man parallel zur gelebten Interdisziplinarität keine Angst haben muss, seine Individualität aufgeben zu müssen.