Im Einsatz für das Gesundheitswesen in Tansania

Im Einsatz für das Gesundheitswesen in Tansania

Vor knapp acht Jahren machte Konrad Fenderich seinen Abschluss in Physiotherapie (B.Sc.) an der Hochschule Fresenius in Idstein. Heute arbeitet er für die Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) in Tansania daran mit, die Gesundheitsversorgung der Menschen zu verbessern. Darüber hinaus nimmt er im Oktober am Africa Classic 2021, einer 400 Kilometer langen Mountainbike-Tour um den Kilimandscharo, teil und sammelt dabei Spenden für die gemeinnützige Gesundheitsorganisation AMREF.

Wie sein Weg von Idstein nach Dar es Salaam in Tansania aussah, was er mit seiner Arbeit für die GIZ erreichen möchte und was ihn beim Africa Classic erwartet, darüber spricht er nun im ersten Teil unseres Interviews.

SIE HABEN VOR EINIGEN JAHREN AN DER HOCHSCHULE FRESENIUS IN IDSTEIN PHYSIOTHERAPIE (B.SC.) STUDIERT. NUN ARBEITEN SIE FÜR DIE DEUTSCHE GESELLSCHAFT FÜR INTERNATIONALE ZUSAMMENARBEIT (GIZ) IN TANSANIA. WIE KAM ES DAZU?

Ich habe mich schon während meines Physiotherapie-Studiums mit vielen übergreifenden Themen beschäftigt und mich zum Beispiel gefragt, wie das deutsche Gesundheitssystem im Detail funktioniert und welche Akteure die Gesundheitspolitik beeinflussen. Diesen Fragen bin ich nach meinem Bachelorabschluss mit einem Masterstudium in Gesundheitsmanagement an der Universität Greifswald weiter nachgegangen und habe dabei viel über die Gesundheitsökonomie, finanzielle und wirtschaftliche Themen, aber auch über das internationale Gesundheitsmanagement und die Entwicklungsökonomie gelernt.

Während meines Masterstudiums habe ich durch einige Praktika die Unternehmensberatung im Gesundheitswesen kennengelernt und anschließend drei Jahre lang Krankenhäuser und Krankenversicherungen in Deutschland und Australien vor allem zu IT- sowie digitalisierungsnahen Themen beraten. Dabei habe ich festgestellt, dass Weiterentwicklungen und Verbesserungen der Gesundheitsversorgung in so gut entwickelten Gesundheitssystemen verhältnismäßig kleinteilig erscheinen. Deshalb habe ich mich nach einer Möglichkeit umgeschaut, bei der ich zu einer stärkeren Wirkung beitragen kann, und mich Ende 2019 auf die Stelle als Berater für Digitalisierung im Gesundheitswesen bei der GIZ beworben. Und nun bin ich hier in Dar es Salaam in Tansania und damit sehr glücklich.

WIE SIEHT IHRE ARBEIT FÜR DIE GIZ IN TANSANIA AUS?

Im Bereich der Entwicklungsarbeit verbindet Deutschland und Tansania eine langjährige und enge Zusammenarbeit. Auch das Projekt, für das ich arbeite, gibt es schon seit über 25 Jahren. Er verfolgt einen sogenannten Mehrebenenansatz, der auf lokaler Ebene unmittelbar Kompetenzen stärkt und auf nationaler Ebene Ansätze und Instrumente in die Beratung des Gesundheitsministeriums und anderer zuständiger Behörden einbringt. Dabei liegt ein besonderer Fokus darauf, gemeinsam mit den zuständigen Behörden und beteiligten Akteuren die Gesundheit von Müttern und Kindern sowie den Zugang zu einer selbstbestimmten Familienplanung nachhaltig zu verbessern. Dies ist nicht nur aus einem menschlichen und ethischen Blickwinkel enorm wichtig, sondern hat auch für die sozioökonomische Entwicklung des Landes eine große Bedeutung.

Die Projektphase, in der mein Team und ich sich gerade befinden, hat deshalb drei wesentliche Schwerpunkte. Wir verbessern zum Beispiel durch den Aufbau von Neugeborenenstationen, durch Trainings und Weiterbildungsmaßnahmen für Hebammen und Krankenschwestern, aber auch durch die Bereitstellung von notwendigem Equipment die Gesundheitsversorgung in unseren Regionen. Wir stärken durch eine verbesserte Datenqualität und gezieltere Datennutzung die Wirtschaftlichkeit und die Planungsprozesse der Einrichtungen. Und wir verbessern die Bereitstellung digitaler Daten, indem wir die Einführung von Krankenhaus-Informationssystemen unterstützen, mit denen Patienten- und Finanzdaten festgehalten werden können. Das ist auch der Schwerpunkt, in dem ich unterstütze.

Alt- und Neubau des Chunya District Hospitals in Tansania
Alt- und Neubau des Chunya District Hospitals in Tansania.

WAS MÖCHTEN SIE MIT DER ARBEIT ERREICHEN? UND WAS TREIBT SIE DABEI AN?

Man kann sich die Abläufe in den Gesundheitseinrichtungen in Tansania so vorstellen, dass der überwiegende Teil der Datenerfassung nicht elektronisch, sondern mithilfe von sogenannten Patientenbüchern erfolgt. Dies kann man nicht als jeweils eine Akte für jeden Patienten verstehen, sondern als ein Sammelregister, in dem an jedem Tag die Patienten, ihre Krankheiten und Symptome aufgeschrieben werden. Wenn wir es also schaffen, die Patientenbücher in ein digitales Register umzuwandeln, in dem jeder Patient seine eigene elektronische Akte hat, machen wir schon einen großen Schritt in Richtung Verbesserung der Gesundheitsversorgung. Damit wir die Systeme aber zum Laufen bringen können, sind Computer, eine Netzwerkstruktur und vor allem Trainings für die Mitarbeiter der Einrichtungen extrem wichtig. Und auch hier können wir einen großen Beitrag leisten.

Mein eigener Antrieb kommt dabei – wie im Grunde bei jedem, der einen Gesundheitsberuf ausübt – vor allem aus einer intrinsischen Motivation heraus: Jeder in meinem Team möchte etwas für die Menschen vor Ort erreichen. Das ist bei mir nicht anders und ich habe festgestellt, dass es hier in Tansania eben noch sehr große Hebel und Stellschrauben gibt, an denen wir drehen und echte Verbesserungen in der Gesundheitsversorgung und Behandlungsqualität erreichen können.

INWIEFERN HAT SIE DAS STUDIUM AUF IHRE AUFGABEN VORBEREITET?

Ich kann mich noch gut an eine lebhafte und sehr informative Vorlesung in Pädiatrie erinnern, die ich in meinem Physiotherapie-Studium besucht habe. Wir haben damals viel darüber gelernt, welche Komplikationen während und nach einer Schwangerschaft auftreten können und wie man ihnen vorbeugen kann. Ich habe zudem die Erfahrung gemacht, dass es, egal ob im deutschen Gesundheitswesen oder hier in Tansania, immer ein Vorteil ist, dass ich einen medizinisch-therapeutischen Hintergrund mitbringe. Denn auf diese Weise entsteht bei dem überwiegenden Teil der Mitarbeiter, auf die ich treffe, gleich eine ganz andere Ebene der Vertrautheit, weil sie merken, dass ich weiß, wovon ich spreche. Ich kann aus meiner Erfahrung als Physiotherapeut auch anders mitfühlen, wenn sie über ihre täglichen Herausforderungen im Klinikalltag sprechen, und kann ihnen mit meinen Kenntnissen in Anatomie und Pathologie folgen, wenn sie über Erlebnisse mit ihren Patienten berichten.

WELCHEN KONTAKT HABEN SIE NOCH ZUR HOCHSCHULE FRESENIUS?

Ich stehe mit der Hochschule vor allem über das ALUMNI NETWORK in Kontakt, für das ich während meines Studiums als studentischer Mitarbeiter gearbeitet habe. Ich habe aber auch durch meine damaligen Tätigkeiten beim AStA, bei der Fachschaft und im Senat noch lose Kontakte zum Präsidium und dem Aufsichtsrat. Über diese habe ich auch erfahren, dass die Hochschule Projekte der GIZ in der Entwicklungsarbeit unterstützt, was mich sehr gefreut hat.

NEBEN IHREM BERUFLICHEN ENGAGEMENT WERDEN SIE IM OKTOBER 2021 AUCH AM AFRICA CLASSIC TEILNEHMEN, BEI DEM SPENDEN FÜR DIE LOKALE GESUNDHEITSVERSORGUNG GESAMMELT WERDEN. WAS ERWARTET SIE DORT?

Das Africa Classic ist ein Mountainbike-Event, das mich rund um den Kilimandscharo, den höchsten Berg Afrikas, führen wird. Dabei werde ich an sechs Tagen etwa 400 Kilometer zurücklegen und rund 4.000 Höhenmeter zu bewältigen haben. Ich freue mich schon sehr auf die sportliche Herausforderung. Aber es geht noch um viel mehr. Denn das Africa Classic ist auch ein Fundraising-Event, mit dem Spenden für AMREF, eine lokale afrikanische Gesundheitsorganisation, gesammelt werden. AMREF ist vor allem in abgelegenen Regionen tätig und unterstützt dort die Gesundheitsversorgung.

Gleichzeitig trägt nicht nur das Event selbst zum Fundraising bei. Vielmehr ist jeder Teilnehmer dazu aufgerufen, im Vorfeld mindestens 5.000 Euro an Spenden zu sammeln, die dann AMREF zur Verfügung gestellt werden. Die Spenden werden zum Beispiel für die Ausrüstung von Gesundheitskräften, für Medikamente und Behandlungen, aber auch für die sogenannten Flying Doctors, also Flüge von Ärzten in abgelegene Gebiete, die dort Behandlungen und Operationen ermöglichen, verwendet. Ich habe, wie die anderen Teilnehmer auch, hierfür eine eigene Spendenseite, auf der einfach online gespendet werden kann.

Im zweiten Teil des Interviews gibt Konrad Fenderich weitere spannende Einblicke in das Africa Classic, spricht über seine Vorbereitung auf das Mountainbike-Event und erklärt, warum er sich auf privat für die Gesundheit der Menschen in Afrika einsetzt.