Mehrsprachig aufwachsen

Erfolgreich mehrsprachig aufwachsen – wie geht das?

Weltweit wächst eine Vielzahl an Menschen mit mehr als einer Sprache auf. Dennoch ranken sich viele Mythen um dieses Thema. Was man (nicht) tun sollte, um Kinder erfolgreich mit mehreren Sprachen aufwachsen zu lassen, erzählt Maike Gumpert, Studiengangsleitung Logopädie (B.Sc.), in ihrem Vortrag beim Online Open Campus der Hochschule Fresenius am 27. Januar 2021.

Über 50 % aller Kinder wachsen mehrsprachig auf, z. T. auch, weil in ihrem Heimatland mehr als eine Sprache gesprochen wird. Doch was genau bedeutet es, „mehrsprachig“ zu sein? Zum Mehrsprachigsein gehören mehr als Worte und Grammatik. Mehrsprachig ist, wer in mehr als einer Sprache kommunizieren kann, wer seinen Alltag in mehr als einer Sprache erlebt und schließlich auch eine Frage der eigenen Identität. Um mehrsprachig aufwachsen zu können, bedarf es ausreichend Kontakt zu den Sprachen sowie Interesse an den Sprachen und verschiedenen Kulturen.

Damit Kinder erfolgreich mehrsprachig aufwachsen können, benötigen sie in ihren Sprachen aber vor allem ein Sprachangebot mit einem variantenreichen Wortschatz und korrekter Grammatik.

5 MYTHEN ÜBER DIE MEHRSPRACHIGKEIT

Mehrsprachigkeit ist Teil unserer genetischen Ausstattung und gehört zu den grundlegenden Fähigkeiten des menschlichen Gehirns. Mehr als die Hälfte aller Menschen wächst mehrsprachig auf.

Wortschatzunterschiede sind in Abhängigkeit vom beruflichen und privaten Kontext auch bei deutschen Muttersprachlern um viele tausend Wörter zu beobachten. Bei mehrsprachigen Sprechern ist häufig eine „Arbeitsteilung“ der Sprachen zu beobachten: Eine Sprache wird z.B. im Schul- oder Arbeitsumfeld genutzt, eine andere im privaten Kontext.

Sprachmischungen gehören zum natürlichen Repertoire mehrsprachiger Sprecher – und zu unserem Alltag. Das zeigt sich schon in den vielen Anglizismen, die wir in Deutschland verwenden. Dennoch sollten sich Eltern bewusst sein, wann sie welche Sprache in der Kommunikation mit dem Kind nutzen.

Studien zum Erwerb zweier Sprachen von Geburt zeigen übereinstimmend, dass dies Kinder nicht überfordert. Ganz im Gegenteil: Diese Kinder haben die besten Chancen, ihre Sprachen auf Muttersprachniveau zu erlernen.

Eltern, die das Deutsche nicht gut beherrschen, können ihren Kindern kein geeignetes Sprachmodell (z.B. für die Grammatik) sein. Diese Eltern haben jedoch eine andere wichtige Vorbildfunktion beim Deutschlernen. Sie können ihrem Kind zeigen, dass es wichtig ist zu lernen, dass es erstrebenswert ist, mehrsprachig zu sein, und dass die Sprache und die Fähigkeit in ihr zu kommunizieren, wichtig sind.

WAS BEDEUTET MEHRSPRACHIGKEIT FÜR DIE LOGOPÄDIE?

Sprachtherapeut*innen müssen bei mehrsprachigen Kindern zuerst abklären, ob bei eingeschränkten Deutschkenntnissen eine Sprachentwicklungsstörung vorliegt, oder ein Sprachförderbedarf aufgrund von noch unzureichendem Kontakt mit der deutschen Sprache besteht.

Nur bei ca. 8% der mehrsprachigen Kinder liegt tatsächlich ein logopädischer Behandlungsbedarf, z.B. in Form einer Sprachentwicklungsstörung vor, der therapiert werden muss.

Bei der Abklärung der weiteren Vorgehensweise gilt es für die Sprachtherapeut*innen, auch die ethischen und kulturellen Aspekte ihrer Patient*innen und deren Angehörigen im Blick zu behalten.

Maike Gumpert

„An der Arbeit mit mehrsprachigen Kindern und ihren Familien begeistert mich besonders, dass jedes Kind mit seiner eigenen Geschichte zu mir kommt und ich selbst viel über fremde Länder und andere Sprachen lernen kann“

Maike Gumpert, Studiengangsleitung Logopädie (B.Sc.)

Sie sind neugierig geworden? Dann hören Sie sich den Vortrag von Maike Gumpert an und tauschen Sie sich anschließend mit ihr aus.

Diese Veranstaltung beginnt um 16 Uhr – Wir freuen uns auf Sie!