Politisch denken lernen

Politische Theorie dient dem Verständnis und der Bewertung der Politik. Sie ist tief und untrennbar mit der Geschichte der Ereignisse und der Ideen verbunden. Sie ist entstanden, als die Menschen erstmals ihre politischen Geschicke selbst in die Hand nahmen: im antiken Athen. Doch seither haben sich sowohl Politik als auch Politische Theorie deutlich geändert.

Heutzutage wird Politische Theorie vor allem als Teil der Politikwissenschaft gesehen, wo sie aber leider zugunsten empirischer Sozialforschung zurückgedrängt worden ist. Zwar benötigt man auch für sie Theorien, doch die Besonderheit der Politik (nämlich dass sie normativ ist, d.h. Normen setzt) macht es unvermeidlich, dass auch Politische Theorien sich ihrer Normativität bewusst werden. Daher beginnt dieses studymag mit einer Situierung der Politischen Theorie im intellektuellen Feld der Philosophie und der Wissenschaft, um anschließend für ihre starke normative Ausrichtung zu plädieren. In Zeiten angeblicher „Alternativlosigkeit“, in der Politik zu einer Verwaltung des Gegebenen unter dem Motto „Immer weiter so“ zu verkümmern scheint, kann die Politische Theorie neue Impulse setzen. Dafür darf sie nicht nur affirmativ auftreten, sondern muss auch Kritik üben und sogar Alternativen entwerfen und begründen. Das finde jedenfalls ich. Ich präsentiere Ihnen also meine Ansicht. Wenn Sie sich mit Politischer Theorie beschäftigen, werden Sie immer wieder subjektiv wertende oder zumindest nicht universelle Ansichten kennenlernen. Bedenken Sie bitte, dass Sie einen breiten Überblick benötigen, bevor Sie eine eigene Position entwickeln können. Daher beschränkt sich dieses studymag auch nicht auf meine Ansichten. Diese werden noch ergänzt durch Raymond Geuss’ Forderungen an die Politische Theorie. Die Politische Theorie sollte Verständnis, Urteil, Orientierung bieten, neue Begriffe erfinden (um neue Probleme erkennbar zu machen) und Ideologien sowohl bilden als auch kritisieren.