Tipps für eine produktive Fehlerkultur in Unternehmen

In vielen klassischen Unternehmen gelten Fehler als Karrierekiller. Ganz anders sieht der Trend in Start-ups aus. Hier lautet das Motto „Start many, try cheap, fail early“. Das heißt, junge Unternehmen probieren viele Dinge aus, kalkulieren das Scheitern mit ein und können Fehler damit frühzeitig, ohne hohe Kosten eliminieren. Was Unternehmen für eine erfolgreiche Fehlerkultur beachten sollten, erklärt Prof. Dr. Gudrun Glowalla, Psychologieprofessorin und Studiengangsleiterin Change Management & Decision Making (M.A.) von onlineplus, dem Fernstudium der Hochschule Fresenius.

Köln. Das digitale Zeitalter erfordert schnelleres Handeln und Umdenken in Unternehmen. Dies setzt voraus, dass über Fehler, Fehlentwicklungen und gescheiterte Projekte jenseits von hierarchischen Grenzen offen gesprochen wird. Warum tun sich viele Vorgesetzte und Mitarbeiter schwer damit, Fehler zu zugeben?

Glowalla: Es ist den meisten Menschen unangenehm, Fehler zuzugeben. Wir möchten gerne von uns und anderen positiv wahrgenommen werden. Häufig sind unsere liebsten Analyseobjekte die Fehler der anderen. Wer aber im Unternehmen eine positive Fehlerkultur und ein effektives Fehlermanagement aufbauen möchte, sollte zunächst einmal bei sich anfangen. Jeder muss lernen, dass auch eigene Fehler Gegenstand von Analysen und lehrreichen Fallbeispielen werden können. Dabei ist es hilfreich, sich zu überlegen, was wir hätten anders machen können, und uns das dann für die Zukunft zu merken. Wenn wir sehr unter einem Fehler leiden, sollten wir versuchen, uns klar zu machen, was wir alles richtiggemacht haben. Denn ein ärgerlicher Fehler wird meist zu hoch gehängt und wir denken darüber viel zu intensiv nach. Erfolgreiche Problemlösungen hingegen nehmen wir zufrieden wahr und denken meist nicht so lange darüber nach wie über unsere Fehler.

Warum ist eine Fehlerkultur in Unternehmen heutzutage besonders wichtig?

Glowalla: Je mehr Aufgaben und Handlungsalternativen wir haben, desto mehr potenzielle Fehlerquellen gibt es. Da bei vielen Berufstätigen das Handlungsspektrum immer größer wird, erhöht sich also auch die Zahl der Fehlermöglichkeiten. Häufig konzentrieren wir uns auf Fehler, deren Verursacher das Individuum oder auch ein Team ist. In unserer hoch technisierten Welt gibt es aber auch Rahmenbedingungen, die fehlerhaftes Verhalten begünstigen. Wir müssen also auch die Rahmenbedingungen sorgfältig in unsere Fehleranalyse einbeziehen. Gibt es Systemkomponenten, die das Auftreten von fehlerhaften Handlungen begünstigen?

Wie kann man den produktiven Umgang mit Fehlern in Unternehmen implementieren? Gibt es dafür erfolgsversprechende Methoden?

Glowalla: Um einen produktiven Umgang mit Fehlern zu implementieren, müssen wir uns zunächst die aktuelle Fehlerkultur und das Fehlermanagement ansehen. Wir analysieren also den IST-Zustand. Dann setzen wir ein Change-Projekt auf, mit dem Ziel, ein zum Unternehmen passendes Fehlermanagement aufzubauen, das wir klar definieren müssen. Hier gibt es mindesten zwei Komponenten: das Etablieren einer Fehlerkultur und den Aufbau eines Fehlermanagements. Unter Fehlerkultur versteht man ein Klima, in dem Fehler akzeptiert und als Lernchance begriffen werden – dies muss für alle Unternehmensbereiche und alle Hierarchieebenen gelten. Aber nicht jeder Fehler ist eine Lernchance. Manchmal passieren Fehler aus Sorglosigkeit, Ignoranz oder dem Nicht-Einhalten von Regeln. Wir müssen also definieren, wie im Unternehmen mit welcher Art von Fehlern umgegangen wird. Beim Fehlermanagement geht es darum, wie wir den Umgang mit Fehlern in klare Prozesse überführen. Beispielsweise können wir aus den „lehrreichen“ Fehlern Best-Practice-Beispiele zum Umgang mit den Fehlern und zu ihrer Vermeidung entwickeln, die über ein Wissensmanagementsystem bereitgestellt werden. Wie schauen uns auch die Prozesse an und prüfen, ob es systemseitige Bedingungen gibt, die ein hohes Fehlerpotential aufweisen. Wer Fehlermanagement implementieren will, sollte sich zudem über entsprechende Software-Lösungen informieren, die im Qualitätsmanagement bereits im Einsatz sind bzw. dort eingesetzt werden können.

Ein ausführliches Interview zu dem Thema gibt es im Wissenschaftsblog adhibeo: https://bit.ly/2VNlX7L

Über den Fachbereich onlineplus

Der Fachbereich onlineplus der Hochschule Fresenius gestaltet seit April 2016 ein innovatives und völlig neu konzeptioniertes Online-Studienkonzept in einem Management und Technikcluster an. Er ist der fünfte und jüngste Fachbereich der Hochschule Fresenius und bietet aktuell acht akkreditierte Bachelor-, sechs Master-Studiengänge und ein MBA-Programm in einer persönlich begleiteten Online-Studienform an. Die staatlich akkreditieren Studiengänge sind durch die ZFU, die staatliche Zentralstelle für Fernunterricht, zugelassen und der Fachbereich selbst ist darüber hinaus ISO 9001 und ISO 29990 zertifiziert durch die DQS.  Das „eLearning Journal“ hat die Lernplattform studynet des Fachbereichs onlineplus im Jahr 2017 mit dem eLearning-AWARD in der Kategorie Social Learning ausgezeichnet.

Weitere Informationen finden Sie auf unserer Website: www.onlineplus.de