CORONA-SONDERPODCAST: WIE RESILIENZ UNS STÄRKEN KANN

Gestern lockerte die Bundesregierung einige Maßnahmen zur Eindämmung des Coronavirus, um die Bürgerinnen und Bürger vorsichtig auf eine Rückkehr in das öffentliche Leben vorzubereiten. Im Kern der aktuellen Situation steht für viele Menschen nach wie vor die Unsicherheit darüber, was kommen wird. Wie Resilienz uns stärken kann und was dies für die Zeit danach bedeutet, erklärt Katja Mierke, Psychologieprofessorin an der Hochschule Fresenius in Köln, in unserer aktuellen Podcast-Folge. 

Köln. Viele Menschen erleben gerade, wie schwer es ist, die Unvorhersagbarkeit der Auswirkungen des Coronavirus und dessen Bekämpfung auszuhalten. In den westlichen Industrienationen haben sich viele an ihre persönliche und materielle Freiheit sowie an die Vorhersagbarkeit von Ereignissen gewöhnt: Zugverspätungen, Paketzustellungen oder Wetterprognosen werden online abgerufen, Kalender sind Monate im Voraus gefüllt. „Ein solches Ausmaß an Planbarkeit hat es vermutlich noch nie in der Geschichte gegeben“, vermutet Mierke. Dies habe auch einen großen Teil zur gefühlten Unverwundbarkeit beigetragen. Die derzeitige Unplanbarkeit löse daher bei vielen Menschen Stress aus, teils sogar mehr als die negativen Folgen an sich.

„Die Ergebnisse aus der Stressforschung zeigen, dass Menschen auch unter vergleichbaren Rahmenbedingungen sehr unterschiedlich auf Herausforderungen reagieren“, erklärt die Psychologin. „Was dem einen an die Substanz geht, lässt den anderen kreativ werden.“ In diesem Zusammenhang sei auch die Resilienz zu sehen. Mit Resilienz wird die Fähigkeit bezeichnet, mit negativen oder auch potenziell traumatisierenden Erfahrungen und veränderten Umweltbedingungen so umzugehen, dass wir unsere Struktur und Funktionalität aufrechterhalten können. Resilienz bezeichnet die psychische Widerstandskraft eines Menschen, die dafür sorgt, dass man sich von belastenden Ereignissen schnell erholt. Hierbei spielen psychosoziale Faktoren wie positive Emotionalität, Optimismus, die Fähigkeit zur Selbstregulation, soziale Kompetenz oder Problemlösungskompetenzen und soziale Unterstützung eine Rolle. „Wichtig ist zudem das Gefühl von Selbstwirksamkeit, also, die Überzeugung, dass wir die Dinge wenigstens im Kleinen beeinflussen können, auch wenn Manches unabänderlich ist“, so Mierke.

Im Umgang mit Krisen äußert sich Resilienz vor allem in der Flexibilität, und das gilt sogar auf gesundheitlicher Ebene. „Kurzfristige Variabilität fördert dabei langfristig Stabilität“, so die Psychologin. So haben die Neurowissenschaftler Thayer und Kollegen nachgewiesen, dass Schwankungen in der Herzfrequenz langfristig zu mehr Widerstandsfähigkeit gegenüber Herz-Kreislauf-Erkrankungen führen. Die Herzratenvariabilität hängt wiederum eng mit der Emotionsregulation zusammen. „Menschen und soziale Systeme, denen es gelingt, in einer Krise positive Gefühle zu bewahren – und auch wenn es nur einige sind – bleiben nachweislich offener gegenüber neuen Ideen und Lösungsansätzen. Sie bauen auch eher Wissen und Kompetenzen auf, was langfristig bei der Bewältigung zukünftiger Herausforderungen hilft“, sagt Mierke.
Das ausführliche Interview können Sie in unserem Wissenschaftspodcast hören: https://www.hs-fresenius.de/podcasts/ oder über iTunes und Spotify.