BUNDESARBEITSGERICHT BEGRENZT AUSKUNFTSANSPRUCH

Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern steht gegen ihren Arbeitgeber nach der Datenschutz-Grundverordnung ein umfassender Auskunftsanspruch zu, der auch die Herausgabe von Unterlagen in Kopie umfasst. Der genaue Umfang des Anspruchs ist bislang ungeklärt, obwohl Verstöße empfindliche Bußgelder und Schadensersatzansprüche nach sich ziehen können. Mit einer aktuellen Entscheidung sorgt das Bundesarbeitsgericht für mehr Klarheit. Arbeitsrechtler Prof. Dr. Michael Fuhlrott, Professor an der Hochschule Fresenius, ordnet das Urteil ein.

Hamburg. Nach Art. 15 Abs. 1 Datenschutz-Grundverordnung (DS-GVO) kann jede von einer Datenverarbeitung betroffene Person und damit auch der Arbeitnehmer von seinem Arbeitgeber Auskunft über die verarbeiteten personenbezogenen Daten verlangen. Zudem kann die Herausgabe einer Kopie der Daten verlangt werden, Art. 15 Abs. 3 DS-GVO. Dabei sind personenbezogene Daten nach der DS-GVO alle Informationen, die sich mit einer Person verknüpfen lassen, also zum Beispiel Geburtsdatum, Unterhaltspflichten, Fehltage oder Bankverbindungsdaten. Neben diesen sogenannten Stammdaten des Arbeitsverhältnisses fallen aber auch alle weiteren durch den Arbeitgeber gespeicherte Daten über einen Arbeitnehmer, wie etwa in E-Mails enthaltene Aussagen über die Leistung oder Notizen zu Personalgesprächen.

Ungeklärter Umfang des datenschutzrechtlichen Auskunftsanspruchs

Der genaue Umfang und die Reichweite des durch die DS-GVO im Mai 2018 eingeführten Auskunftsanspruchs war bislang ungeklärt. Während einige Gerichte den Anspruch auf ein für die Praxis handhabbares Maß begrenzt haben, gibt es auch sehr weitgehende Entscheidungen von Instanzgerichten, die eine Herausgabe sämtlicher Unterlagen verlangten. „Bei einem mehrjährigen Arbeitsverhältnis kommen so schnell tausende Seiten an Unterlagen zusammen“, so Arbeitsrechtler Prof. Dr. Fuhlrott. „Diese müsste der Arbeitgeber dann zusammenstellen und vorher auch noch prüfen, ob darin Informationen zu anderen Personen enthalten sind, die sodann zu schwärzen wären“. Der Aufwand für Arbeitgeber ist damit enorm, zumal zwischenzeitlich in vielen Fällen Arbeitnehmer nach Erhalt einer Kündigung standardmäßig den Auskunftsanspruch geltend machen.

Gravierende Verletzungsfolgen: Bußgelder und Schadensersatz

Erteilt der Arbeitgeber die Informationen gar nicht, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig, kann der Arbeitnehmende einen Schadensersatzanspruch (Art. 82 DS-GVO) gegenüber seinem Arbeitgeber geltend machen. „Arbeitsgerichte haben hier Arbeitnehmern bereits mehrfach Summen in vierstelligen Bereichen allein für die verzögerte oder unvollständige Auskunftserteilung zugesprochen“, erläutert Prof. Dr. Fuhlrott. „Daneben kann sich der Betroffene zudem an die jeweilige Datenschutzaufsicht wenden. Diese kann ebenfalls tätig werden und die Nicht-Erteilung der Auskunft zudem noch mit einem Bußgeld ahnden“, ergänzt der Arbeitsrechtler.

Bundesarbeitsgericht: Genaue Bezeichnung der Kopien notwendig

Anlässlich eines aktuellen Falls über ein von einem Arbeitnehmer geltend gemachten Anspruch auf Kopieerteilung war das Bundesarbeitsgericht (BAG) nun erstmals zur Klärung der offenen Rechtsfragen berufen. In seiner Entscheidung vom 27.4.2021 (Az. 2 AZR 342/20, dazu PM Nr. 8/2021) begrenzte das BAG nunmehr den Anspruch auf Übergabe von Kopien. Arbeitgeber müssen damit zwar weiterhin Auskunft erteilen, sie schulden aber nur die Überlassung von Kopien genau bezeichneter Unterlagen. Das pauschale Verlangen nicht näher bezeichneter Kopien oder Unterlagen sei nicht hinreichend bestimmt genug, so das BAG. „Das Urteil schafft zwar keine vollständige Klarheit zum Anspruch auf Überlassung von Kopien. Es begrenzt aber den datenschutzrechtlichen Auskunftsanspruch auf ein handhabbares Maß, in dem der Arbeitnehmer die gewünschten Unterlagen genau bezeichnen muss.“ Arbeitsrechtler Fuhlrott begrüßt daher die Entscheidung: „Der Beschäftigte soll in die Lage versetzt werden, die Einhaltung der datenschutzrechtlichen Vorgaben zu ermöglichen“, so Arbeitsrechtler Fuhlrott. „Daher ist es das Mindeste, wenn der Arbeitnehmer die Unterlagen mit personenbezogenen Daten genau bezeichnet.“

Prof. Dr. Michael Fuhlrott ist Professor für Arbeitsrecht an der Hochschule Fresenius in Hamburg sowie Fachanwalt für Arbeitsrecht und Partner bei FHM Rechtsanwälte.