Hochschule Fresenius Köln - Campus Wirtschaft und Medien

Zwei neue Professoren im Fachbereich Gesundheit & Soziales in Köln

Auf Antrag der Hochschule Fresenius hat das Hessische Ministerium für Wissenschaft und Kunst zwei Dozenten des Fachbereichs Gesundheit & Soziales zu Professoren berufen. Am 15. März fanden die Antrittsvorlesungen in Köln statt. Prof. Dr. Thomas Wolf überreichte die Urkunden. Präsident Prof. Dr. Tobias Engelsleben gratulierte den beiden Professoren.

Find it, fix it, leave it alone? – Osteopathische Diagnostik und Behandlung komplexer Funktionsstörungen“

Dr. Elmar PeukerProfessor für Osteopathische Medizin, hielt seine Antrittsvorlesung zu dem Thema Find it, fix it, leave it alone? – Osteopathische Diagnostik und Behandlung komplexer Funktionsstörungen“. Gemäß dem Motto des US-amerikanischen Gründers der Osteopathie Andrew Taylor Still „Find it, fix it, leave it alone“ suche der Osteopath zunächst die Störung, behandele sie und lasse dann die Selbstheilungskräfte des Körpers wirken, erklärte der Mediziner. Um die Herangehensweise besser veranschaulichen zu können, brachte er einen konkreten Fall aus seiner Praxis mit: eine junge Frau, die seit fast einem Jahr unter permanenten Schmerzen im Kopf-Nacken- und Beckenbodenbereich litt. Die Folge: sie konnte weder längere Zeit sitzen noch stehen, was ihre Lebensqualität erheblich einschränkte. Nennenswerte Vorerkrankungen lagen nicht vor. Im Vorfeld hatte sie bereits Behandler:innen diverser Fachdisziplinen konsultiert und verschiedenste Therapieverfahren hinter sich. 

„Alle Disziplinen hatten eine Idee, kommunizierten aber nicht miteinander, so dass kein Bild vom Ganzen entstehen konnte“, gab Peuker zu bedenken. Die Osteopathie greife zwar prinzipiell bei ihren körperlichen Untersuchungen auf die gleichen Ressourcen zurück, interpretiere die Ergebnisse aber anders und setze sie in einen Zusammenhang. Eine Herangehensweise sei beispielsweise das „General- oder Global Listening“, bei der der Therapeut die Hand auf den Kopf der Patienten lege, um in den Körper „hineinzuspüren“. „Diese Methode ist fern jeder Esoterik, da sie auf das myofasziale System des Körpers zurückgreift“, sagte Peuker. „Dieses System besteht aus Faszien, Muskeln und Bindegewebe und umgibt die Extremitäten, den Torso, den Hals und den Kopf und fasst auch die inneren Organe und das Nervensystem mit ein. Liegen hier Spannungen vor, können wir dies spüren“, so Peuker weiter. Dabei erfolgen die Untersuchungen in der Osteopathie systematisch und ganzheitlich, worauf auch bei der Ausbildung der Studierenden der Osteopathie großer Wert gelegt werde. 

„Pain is a big liar“ zitierte Dr. Peuker Sir William Osler, einen bekannten Mediziner des frühen 19. Jahrhunderts und führte aus, dass gerade bei chronifizierten und komplexen Funktionsstörungen, die auf den ersten Blick im Vordergrund stehende Beschwerdesymptomatik häufig nicht die eigentliche Ursache darstellt. Bei chronischen Störungen lägen häufig biochmechanische und neurale Verkettungen vor, die zum Beispiel über Nerveneinengungen und folgenden strukturellen und funktionellen Veränderungen zu Dysfunktionen im peripheren und zentralen Nervensystem führen können. Hierdurch können Schmerzen und weitere Symptome auch an anderen Stellen des Körpers auftauchen. Die osteopathische Herangehensweise berücksichtige diese Verkettungen. Die Ursache für die Schmerzen der Patientin war letztendlich ein Bagatelltrauma. Während eines Volleyballspiels hatte sie sich ihren Fuß verstaucht, wodurch ein Fußwurzelknochen in einer Fehlstellung verblieb. In der Folge kam es über Fehlverspannungen zu Einengungen von Nerven im Beckenboden und Nackenbereich. Dieses war nur durch die erfolgte systematische Screeninguntersuchung erkennbar.  

„Moderne Bewegungswelten: Vom Competing Hurt zum Sedentary Lifestyle“

In seiner Antrittsvorlesung lud Dr. Robert Zickermann, Professor für Bewegung und Gesundheitsförderung, die Teilnehmer:innen auf eine Reise in „Moderne Bewegungswelten: Vom Competing Hurt zum Sedentary Lifestyle“ ein. Ausgehend von seiner eigenen Begeisterung für Bewegung und Leistungssport beschrieb er die Sonnen- und Schattenseiten des Leistungssports, die gesundheitliche Bedeutung von Bewegung und die Herausforderungen, die der zunehmend sitzende Lebensstil heutzutage mit sich bringt. 

„Im Leistungssport ist Gesundheit Grundlage und unabdingbare Voraussetzung“, sagte Zickermann. „Höchstleistungen können jedoch nicht erbracht werden, ohne an die körperlichen Grenzen zu gehen und ständig die körperliche Unversehrtheit zu riskieren“, so der Sportwissenschaftler weiter. Dieser Widerspruch werde in der sportwissenschaftlichen Forschung seit Jahren unter dem Stichwort „Risk-Pain-Injury Paradox“ diskutiert. Ein weitverbreitetes Phänomen im Leistungssport sei das „Competing Hurt“: Spitzensportler:innen nehmen trotz akuter Schmerzen und Verletzungen an Wettkämpfen oder Trainings teil. „Um den Anschluss nicht zu verlieren oder nicht aus dem Kader zu fliegen, bagatellisieren oder verheimlichen viele Leistungssportler ihre Erkrankungen“, erklärte Zickermann. Einsätze nach Verletzungen erfolgten oft zu früh, Schmerzen würden mithilfe von Schmerzmitteln gedämpft und präventive und rehabilitative Richtlinien umgangen. Auch im Nachwuchsleistungssport sei „Competing Hurt“ in relevantem Ausmaß verbreitet. Bei den meisten Akteur:innen im Sport gebe es für dieses Phänomen kein Problembewusstsein. Zickermann forderte daher ein Umdenken, mehr Aufklärung über die Folgen und ein ganzheitliches Gesundheitsmanagement für Athlet:innen. 

Im Weiteren betonte Zickermann, wie wichtig Bewegung für unsere Gesundheit ist: Sie stärke das Herz-Kreislauf- und das Immunsystem, unterstütze den Knochen- und Muskelaufbau, fördere die geistige Leistungsfähigkeit, wirke sich positiv auf die Psyche aus und beuge Krankheiten vor. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfiehlt gesunden 18-64-Jährigen, jede Gelegenheit zur Bewegung zu nutzen und zumindest 150 Minuten wöchentlich mit mittlerer oder 75 Minuten mit höherer Intensität aktiv zu sein, zum Beispiel in Form von Radfahren oder Gehen. Laut der „Copenhagen City Heart Study“ könne beispielsweise die Lebensdauer von Menschen, die regelmäßig Tennis spielen, um durchschnittlich 9,7 Jahre verlängert werden. Gesellschaftliche Entwicklungsprozesse wie die Digitalisierung führten aber zunehmend zu einem „Sedentary Lifestyle“, also einem sitzenden Lebensstil, der ungesunde Folgen habe. So würden global mehr als 1,4 Milliarden Menschen nicht die Mindestbewegungsempfehlungen der WHO erfüllen. Immer mehr Menschen würden daher unter Muskel-Skelett-Erkrankungen, Übergewicht oder psychischen Erkrankungen leiden. „Um ein gesundheitsförderliches Lebensumfeld von Anfang an zu gewährleisten, bedarf es einer intersektoralen Zusammenarbeit und der Vernetzung aller relevanten Akteure“, regte Zickermann an.