2022_antrittsvorlesung_psychology school

Drei neue Professor:innen in der Psychology School

Das hessische Ministerium für Wissenschaft und Kunst hat auf Antrag der Hochschule Fresenius, Fachbereich Wirtschaft & Medien, Dr. Daniel Brunsch, Dr. Alla Sawatzky und Dr. Elisabeth Stöttinger zu Professor:innen berufen. Die Berufungsurkunden wurden ihnen Ende Oktober im Rahmen ihrer öffentlichen Antrittsvorlesungen ausgehändigt.

Prof. Dr. Rainer Türck, Dekan des Fachbereichs Wirtschaft & Medien, und Prof. Dr. Wera Aretz, Leiterin Psychologie School, eröffneten die Veranstaltung und sprachen ihre Glückwünsche aus.

Daniel Brunsch hielt seine Antrittsvorlesung über das Thema „Soziale Konflikte – spielend leicht zu lösen?!“. „Menschen treffen in unterschiedlichen Situationen aufeinander, die auch konfrontativ werden können“, erklärte Brunsch. Mit der Frage, wie sich soziale Konflikte entschärfen lassen, befasst sich der Psychologe in seinen Untersuchungen. Dafür müsse zunächst differenziert werden, welche Konfliktformen es gibt. Zu den typischen Arten zählen Beziehungskonflikte, die aufgrund abweichender Erwartungen und Emotionen zu Auseinandersetzungen führen können. Wertekonflikten basieren auf unterschiedlichen Werten und bei Sachkonflikten liege der Grund des Konflikts meist in der Informationslage. „Auch Diskriminierung ist ein Konfliktthema in unserer Gesellschaft“, so Brunsch. Mit seiner Initiative Act Aware e.V. hat er 2020 eine von der Antidiskriminierungsstelle des Bundes geförderte Untersuchung zu Diskriminierung auf Großveranstaltungen durchgeführt. Von über 5000 Befragten gab jede:r Dritte:r an, dass er/sie/div. Diskriminierungserfahrungen auf Festivals gemacht hat. Dabei spielten Aussehen und Gender eine besonders große Rolle. Menschen mit einem ethnischen Hintergrund waren kaum unter den Besucher:innen*. „Auffällig war, dass sich nur wenige der Betroffenen an offizielle Stellen gewendet haben, sondern eher an Freund:innen* oder Familienmitglieder“, ordnete Brunsch die Ergebnisse ein. Der Grund dafür sei, dass viele das Gefühl hätten, dass sich ohnehin nichts daran ändern würde. Um das Bewusststein für die Grenzen anderer und der eigenen zu schärfen, hat Act Aware e.V. ein Konzept entwickelt, mit dem auf spielerische Art für das Thema Diskriminierung auf Großveranstaltungen sensibilisiert werden soll.

„Des Wissenschaftlers neue Kleider – Signifikanztests und Co.“ lautete der Titel der Vorlesung von Alla Sawatzky. In der empirischen Forschung ist das Signifikanztesten das meistverwendete statistische Instrument bei der Suche nach neuen Erkenntnissen. Zu welchem Zweck der Signifikanztest entwickelt wurde, welche Aussagekraft er tatsächlich hat und warum er nach wie vor Verwendung in der Wissenschaft findet, schilderte Frau Sawatzky in ihren Ausführungen. Seit jeher stehen Wissenschaftler:innen vor der Frage, inwieweit sie sich darauf verlassen können, dass die Ergebnisse einer Studie für die gesamte Population zutreffen. Mit dieser Frage hatte sich Anfang des 20. Jahrhunderts unter anderem Ronald A. Fisher auseinandergesetzt. Seine Lösung: Die statistische Signifikanz. Sie gibt an, dass es maximal zu 5 Prozent wahrscheinlich wäre, dass das Ergebnis aus purem Zufall auftritt. „Findet man z. B. einen signifikanten Unterschied zwischen zwei Gruppen, dann wäre es unwahrscheinlich, so einen Unterschied zu finden – wenn es tatsächlich keinen Unterschied in der Grundgesamtheit gibt. Jedoch weiß man deshalb noch nichts darüber, ob es tatsächlich keinen Unterschied in der Grundgesamtheit gibt. Leider denken aber genau das irrtümlicherweise die allermeisten Forschenden“, erklärte die Psychologin und Statistikerin. Obwohl bereits seit rund einem Jahrhundert über die (Un-)Sinnhaftigkeit statistischer Signifikanz diskutiert wird, hat der Test samt dessen Fehlinterpretationen Einzug in sämtliche wissenschaftliche Disziplinen gehalten. Als Erklärung vermutet Sawatzky, wie auch einige andere Wissenschaftler:innen, dass es sich beim Signifikanztest, wie bei anderen inferenzstatistischen Verfahren, um eine kognitive Verzerrung handelt, einer Wahrnehmungstäuschung oder der Conjunction Fallacy ähnlich.

In ihrem Vortrag „Stuck on the Duck“ – Warum sich Schlaganfallpatienten und Kinder mit der Bildermorphing-Aufgabe schwertun“ präsentierte Elisabeth Stöttinger die Ergebnisse ihrer Forschung. Geleitet werden ihre Untersuchungen von der grundsätzlichen Frage, wie Menschen es kognitiv schaffen, sich schleichenden Veränderungen anzupassen. Vor diesem Hintergrund hat sie zusammen mit Kolleg:innen in einem sogenannten Bildermorphing-Experiment, Versuchspersonen eine Bilderreihe von 15 Bildern vorgelegt, die sich schrittweise von einem Objekt in ein anderes Objekt verwandeln. So ändert sich zum Beispiel die Zeichnung eines Bodybuilders Stück für Stück in eine Kaffeekanne. Die Idee dahinter war, zu prüfen, wie viele Bilder die Probanden brauchen, bis sie das zweite Objekt identifizieren und welche Hirnareale bei dem Prozess aktiviert werden. In der ersten Versuchsgruppe waren Schlaganfallpatient:innen mit einer Schädigung der rechten Hemisphäre und eine Gruppe, bei denen die linke Hemisphäre geschädigt war sowie gesunde Senior:innen. In einer weiteren Gruppe wurden Kindern im Alter zwischen drei und sechs Jahren die Bildermorphing-Aufgaben gezeigt. „Überraschenderweise hatten Kinder und die Schlaganfallpatienten mit der Schädigung der rechten Hemisphäre ähnliche Ergebnisse. Auf der Suche nach den Gründen, weshalb die beiden Gruppen die zweiten Objekte nicht so schnell erkennen können wie gesunde Erwachsene, konnten wir die üblichen Verdächtigen wie den verbalen IQ oder die eingeschränkte Perspektivübernahme bei Kindern und die Größer der Läsion oder die Zeit seit dem Schlaganfall bei den Schlaganfallpatient:innen ausschließen“ erklärte die Psychologin. Auch eine weitere Annahme, dass es an dem visuellen System oder der allgemeinen Wahrnehmung liegen könnte, konnte nicht nachgewiesen werden. „Eine mögliche Ursache könnte sein, dass sich die beiden zu sehr auf die Details der Bilder fokussieren und dadurch das große Ganze nicht mehr sehen können“, mutmaßt Stöttinger. „Oder beide sind sich viel zu sicher und sehen nicht die Notwendigkeit, nach etwas anderem zu suchen“. Diese Vermutungen müssten in Folgestudien näher untersuchte werden.