Sidika Scharpenack hat im Wintersemester 2015/16 am Integrierten Auslandssemester Shanghai teilgenommen. Sie studiert Wirtschaftspsychologie am Standort München und hat in Shanghai den Schwerpunkt Internationales Management belegt.

Vorbereitung

Zur Vorbereitung auf das Auslandssemester bucht man natürlich seine Flüge, beantragt das Visum und sollte sich vom Hausarzt bezüglich benötigter Impfungen beraten lassen sowie eine kleine Reiseapotheke anlegen.
Außerdem empfiehlt es sich, zu überlegen, ob man vor oder nach dem Aufenthalt in Shanghai noch eine kleine Reise durch Asien anschließt, was sich anbietet, wenn man schon einmal den weiten Flug auf sich genommen hat. Hier gilt es zu beachten, dass das Visum nur eine einmalige Einreise nach China erlaubt, allerdings kann man sich bis zu 72 Stunden ohne Visum in China aufhalten, wenn man sich auf der Durchreise befindet.
Was zwar nur eine Kleinigkeit ist, aber sich doch als ziemlich wichtig heraus gestellt hat, ist, dass man sich schon einmal vorsorglich auf seinem Handy „We Chat“, das chinesische Pendant zu Whats App, installiert. Über diese App kommuniziert man mit Mentoren und Mitarbeitern der Universität und bekommt alle nötigen Informationen, was die Koordination der Vorlesungen angeht. Des weiteren hilft es, sich bereits in Deutschland Programme auf Handy und Laptop zu laden, die den Geräten VPN Adressen in anderen Ländern zuordnen und es so möglich machen, dass man in China gesperrte Websiten, wie facebook, google und den google play store, trotzdem nutzen kann. Hier muss man selbst ausprobieren, was die kostengünstigste Alternative ist, aber sehr verbreitet waren z.B. betternet, Astrill, flyVPN und Hotshield.

Bargeld

Dies zählte bei manchen von uns definitiv zu den größten Problemen.
Um möglichst problemlos immer an Geld zu kommen, sollte man sich schon in Deutschland mit dem Thema beschäftigen!
Bankautomaten sind zwar an jeder Ecke in Shanghai (ein Automat befindet sich am South Gate des Yanchang Campus und wenn man aus dem North Gate rausgeht befinden sich dort Bankfilialen sämtlicher Banken aufgereiht), trotzdem gestaltete sich die Abhebung immer als ein nervenaufreibendes Glücksspiel. Nur mit seltenen Ausnahmen ist das Abhebungslimit meist auf 3000 Yuan pro Vorgang (manchmal sogar nur 2000 Yuan) beschränkt, was in etwa 430 Euro entspricht.
Man sollte am besten mindestens eine Kreditkarte und eine Girokarte mitbringen, denn vor allem bei Abhebungen mit Kreditkarten musste man oft aufs Neue nach einem Automaten suchen, der den Service nicht verweigerte und dabei war auch eine erfolgreiche vorherige Abhebung kein Garant dafür, dass es noch einmal klappen würde. Am zuverlässigsten für die meisten Karten funktionierten die Automaten der HSBC.
Außerdem ist es wichtig sich vorher zu informieren, wie hoch das Auslandslimit für Abhebungen ist und welche möglichen Gebühren anfallen. Dabei haben sich vor allem Kreditkarten von beispielsweise der Sparkasse oder ein Konto bei der DKB als eine sehr günstige Abhebungsmethode erwiesen. Als letzte Möglichkeit bleibt dann, dass man sich über westernunion.de Bargeld schicken lässt.
Beachtet, dass ihr am Anfang das Zimmer im Wohnheim bezahlen und die Kaution hinterlegen müsst. Entgegen einiger Informationen ging das bei uns nicht mit Kreditkarte
sondern nur in bar. Wer unnötigen Stress vermeiden möchte, sollte schon in Deutschaland einige Yuan für den Anfang wechseln lassen oder kann auch vor Ort seine Euros in jeder Bankfiliale tauschen.

Sprache und Verständigung

Wer schon einmal in Asien unterwegs war, kann sich vielleicht noch daran erinnern, dass man eigentlich überall, egal ob in einer Großstadt wie Bangkok oder auf einer kleinen verschlafenen Insel, mit Englisch sehr weit kommt. Dem ist leider nicht so in Shanghai! Hier kann es anfangs extrem frustrierend sein, dass nicht einmal der Rezeptionist in der Spätschicht des internationalen Studentenwohnheims das Wort „passport“ kennt und dafür erst einmal seinen Online-Übersetzer aufrufen muss. Das passiert einem übrigens genauso, wenn man in Hotels einchecken möchte, die nicht unbedingt vier oder mehr Sterne haben. Ladet euch am besten vorher Apps wie „pleco“ oder „iTranslate“ aufs Handy (das in der Vollversion sogar Aufnahmen über das Mikrofon übersetzt) und ansonsten seid ihr gut beraten, ein Bild von dem zu googeln und zeigen, was ihr möchtet. Ein treuer Begleiter war auch immer die App „smart shanghai“, die einem fast jede Adresse in der Stadt in chinesisch anzeigt, um es dem Taxifahrer nur noch hinhalten zu müssen.

Ankunft

Die Ankunft ist so geplant, dass euch ein Taxifahrer am Flughafen abholt und zum Campus bringt. Da dieser aber auch nur ein ganz normaler Taxifahrer ist, solltet ihr auf alle Fälle trotzdem die Adresse des Campus in chinesischen Schriftzeichen bereithalten und eine Idee haben, wo ihr hin müsst, falls er euch am South Gate einfach aussteigen lässt. Deshalb zur Hilfe und Orientierung der nachstehende Plan.

Zimmer

Gewohnt haben wir im internationalen Studentenwohnheim auf dem Yanchang Campus. Dieser Campus ist ziemlich zentral gelegen und in unserem Wohnheim wohnten ausschließlich andere Ausländer aus aller Welt, die zum Studieren nach Shanghai kamen. Von den Zimmern im Studentenwohnheim darf man leider nicht den gewohnten deutschen Standard verlangen. Die Zimmer sind relativ klein, verfügen über ein eigenes kleines Bad mit Dusche, Waschbecken und Toilette, und haben ein Fenster. In jedem Zimmer gibt es ein Bett, einen Schreibtisch, eine kleine Kommode und einen Kleiderschrank, dieser ist entweder eingebaut oder steht in einer Ecke und ist dann leider nur etwa 40 Zentimeter breit. Jedes Zimmer ist mit einer Klimaanlage ausgestattet, die normalerweise immer fleißig im Einsatz ist, auch wenn es kälter wird, denn dann ist sie die einzige Möglichkeit, um zu heizen. Macht euch darauf gefasst, dass in den Zimmern Schimmel sein kann, oft einfach mit Farbe übermalt, und entscheidet für euch selbst, wie viel ihr davon verkraftet. Außerdem bedenkt, dass es im Erdgeschoss und im obersten Stockwerk kleine Tierchen geben kann.
Ihr seid wahrscheinlich gut beraten, in den ersten Tagen im riesigen Supermarkt in der Daning Mall Bettwäsche, Handtücher, Toilettenpapier und Putzzeug zu kaufen. Für die Reinigung der Zimmer ist jeder selbst verantwortlich und die Putzfrauen leeren lediglich den Mülleimer, wenn man ihn vor die Tür stellt.
Jedes Stockwerk hat auch eine Küche und einen Waschraum. Hier ist der Zustand von Stockwerk zu Stockwerk verschieden. Die Waschräume verfügen alle über eine Waschmaschine, die die Klamotten ziemlich durchschleudert, verfusselt und allgemein ziemlich mitnimmt (nehmt keine teuren oder eure Lieblingskleidungsstücke mit). In ein paar Stockwerken stehen zusätzlich noch Trockner und Apparate, wo ihr kochend heißes Wasser für Tee oder Instant-Nudeln zapfen könnt. Außerdem könnt ihr eure Wäsche auch in den Waschräumen zum Trocknen aufhängen, wo von ich allerdings abrate, denn wir hatten einige Fälle von fehlenden Hosen und verschwundenen Lieblingsjacken. Manche Küchen möchte man keineswegs betreten und in anderen könnte man sich vorstellen mal Nudeln zu kochen, insgesamt haben wir jedoch vielleicht drei bis vier Mal etwas gekocht und sind ansonsten immer auswärts zum Essen gegangen.

Essen

Was die Menge angeht ist man um den Yanchang Campus absolut bestens versorgt. Vorallem in der Yanchang Lu findet man bei genauerem Hinsehen etliche Anlaufstellen für Sushi, Wraps, Fried Rice/Nudeln, Fisch, Brot, Obst und Waffeln. Auf dem Campus selbst befindet sich ein kleiner Supermarkt und ein Obsthändler, wo man reichlich Auswahl an Getränken und Snacks hat. In der nahe gelegenen Daning Mall sind ein paar teurere Restaurants mit etwas westlicherem Essen und ein absolut riesiger Supermarkt, in dem man alles findet, was man zum Überleben im Studentenwohnheim braucht.

Transportmittel

In Shanghai gibt es unzählige Taxis und diese sind auch meist das komfortabelste Transportmittel. Wenn man nicht unbedingt zwischen 17 und 19 Uhr mit dem Taxi fahren möchte, dauert es nur ein paar Minuten bis man ein freies Taxi heran gewunken hat. Zu den Stoßzeiten sollte man sich besser einen Uber bestellen, sonst wartet man gerne mal eine Stunde oder mehr. Je nach Lage des Ziels ist das Taxi oder die Metro schneller. Nicht weit vom South Gate befindet sich eine Metro-Station, von der aus man ohne Umsteigen direkt zum People Square gelangt. Entgegen der weit verbreiteten Gerüchte habe ich es nur selten erlebt, dass die Metro absolut überfüllt war. Ansonsten ist auch nicht mehr los als in deutschen Großstädten. Mit der Metro kommt man in der Regel für 5 Yuan überall hin, wobei die Taxipreise auch selten 40 Yuan überschreiten.

Busfahrt, Vorlesung und der Jiading Campus

Alle unsere Vorlesungen wurden auf dem Jiading Campus abgehalten. Dafür wurde eigens für unsere Gruppe ein Bus eingerichtet. Wir waren ausschließlich im Berufsverkehr unterwegs und deshalb dauerte die Fahrt in der Regel etwa eine Stunde. Mit viel Glück konnte man es auch in einer halben Stunde schaffen oder, wenn der Stau mal besonders schlimm war, wurden es auch 1,5 Stunden. Falls man diesen Bus mal verpasste, gab es auch einen stündlichen Shuttlebus vom North Gate des Yanchang Campus aus. Eine Taxifahrt kostete etwa 100 Yuan.
Der Jiading Campus ist dem Yanchang Campus grundsätzlich ähnlich, wobei er relativ weit außerhalb der Stadt liegt. Auch auf diesem Campus gibt es einige kleine Imbisse, bei denen man sich sein Mittagessen kaufen kann sowie einen kleinen Supermarkt und ein Café.
Die Vorlesungen wurden in den Gebäuden des SILC abgehalten. In manchen Vorlesungen waren wir ganz unter uns und in anderen mit Chinesen gemischt. Die Dozenten kamen teilweise aus Europa und waren teilweise Einheimische. Sowohl bei chinesischen Kommilitonen als auch bei Dozenten galt, dass deren Englischkenntnisse keinesfalls besser als die der Deutschen waren. Allgemein waren unsere chinesichen Kommilitonen oft sehr introvertiert, dass man kaum und nur schwer mit ihnen in Kontakt kam.
Der Inhalt der Vorlesungen war sehr auf die jeweiligen Bücher des Pearson- Verlag abgestimmt. Zwar bestand die Endnote nicht nur aus einer Klausur, sondern man musste auch während des Semesters Hausarbeiten oder Präsentationen vorbereiten, allerdings erfolgte dies meist in Gruppen und der Aufwand und die Anforderungen wurden deshalb relativ gering gehalten.

Freizeit und Nachtleben

Natürlich wollten die meisten von uns möglichst viele Eindrücke während des Auslandssemesters sammeln und haben deshalb viel unternommen. Es lohnt sich auf jeden Fall Wochenendausflüge nach Suzhou, Huangshan, Hangshou oder Peking zu unternehmen, um noch mehr von dem Land zu sehen. Aber auch Shanghai hat einiges zu bieten und es empfiehlt sich ab und zu typische Touristenaktivitäten zu unternehmen, wie z.B. eine Bootsfahrt auf dem Fluss oder mit einem Sightseeing-Bus quer durch die Stadt zu fahren. Außerdem haben die meisten Museen auch Zeiten, zu denen sie freien Eintritt gewähren, um mal einen schnellen Blick hineinzuwerfen. Für uns organisierte die Universität in den ersten Wochen einen Tag, an dem wir von einer Reiseführerin zu ein paar Sehenswürdigkeiten geführt wurden und einen tollen Eindruck von der Stadt bekamen.
Natürlich hat Shanghai als eine Weltmetropole auch eine sehr große Auswahl an Bars und Clubs, in denen man durch Promoter, mit welchen man über We Chat in Kontakt tritt, kostenlosen Eintritt und Getränke bekommt. Außerdem gibt es viele Bars und Clubs, die einem zusätzlich noch einen atemberaubenden Blick über die Stadt bei Nacht schenken, für den sich der Besuch schon alleine lohnt.
Insgesamt würde ich meine Zeit in Shanghai als sehr prägend beurteilen. Ich habe unzählige positive und negative Eindrücke von einer wunderschönen Stadt, dem chinesischen Volk und leider eher niedrigen Lebensstandards gesammelt, die mich die Zeit in Shanghai niemals missen lassen möchten. Der Aufenthalt war durchwachsen von schönen Momenten und
Zeiten, in denen man am liebsten nach Hause wollte. Letztendlich hat es sich aber gelohnt, zeitweise „durchzuhalten“ und ich persönlich habe gelernt das zu schätzen, was ich zu Hause habe, ich bin ein großes Stück selbstständiger geworden und stolz darauf, dass ich die schwierigen Momente in einem Land, dessen Sprache ich nicht spreche und dessen Kultur einem oft sehr fremd erscheint, gemeistert habe. Für mich persönlich haben nach einem schwierigen Start inklusive Kulturschock und Momenten des Heimwehs am Ende definitiv die schönen Erlebnisse überwogen, von denen ich noch lange zehren werde.
Ich habe in diesem Erfahrungsbericht versucht, die wichtigsten Dinge möglichst knapp zusammen zu fassen. Natürlich konnte ich dabei nicht alles erzählen und habe bestimmt auch andere Dinge, die ebenso wichtig sind, vergessen. Für weitere Informationen, Fotos oder bei Fragen schreibt mir jeder Zeit gerne an folgende Emailadresse: scharpenack.sidika@muenchen.hs-fresenius.de