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Für deutsche Unternehmen wird es auf dem Arbeitsmarkt immer schwieriger, passende Fach- und Führungskräfte zu gewinnen. Das zeigt der Talent-Klima-Index (TKI), mit dem die Hochschule Fresenius in Zusammenarbeit mit der Beratungsfirma Profil M regelmäßig die Entwicklung des deutschen Arbeitsmarktes aus Unternehmenssicht unter die Lupe nimmt. Im Gastbeitrag stellt Projektleiter Prof. Dr. Klaus P. Stulle, der an der Hochschule Fresenius in Köln und Düsseldorf im Bereich Wirtschaftspsychologie lehrt, weitere Ergebnisse vor.
Für Prognosen zur Entwicklung der deutschen Wirtschaft gilt der ifo-Geschäftsklima-Index als etabliertes Konjunkturbarometer. In regelmäßigen Zeitabständen wird darin die aktuelle Geschäftslage mit den künftigen Geschäftserwartungen aus Sicht der Unternehmen längsschnittartig verglichen. Nach diesem Ansatz erfasst der TKI die Talent-Lage und -Entwicklung in Unternehmen. Als Längsschnittbetrachtung werden mittels eines Online-Fragebogens Personaler, Führungskräfte und Geschäftsführer in regelmäßigen Abständen befragt.
Analog zur Geschäftsverlauf beim ifo-Index dient der TKI damit als Indikator für die Entwicklung des Arbeitsmarkts in Deutschland aus Unternehmensperspektive. Unterschieden wird dabei zwischen zwei zentralen Größen, zum einen der internen Talententwicklung: Welche Möglichkeiten und Perspektiven ergeben sich voraussichtlich für die bereits bestehende Mitarbeiterschaft? Demgegenüber gestellt geht es bei der externen Talententwicklung um die noch nicht eingestellten Fach- und Führungskräfte, die auf dem Arbeitsmarkt erst noch identifiziert und dann angeworben werden müssen.
Mit der vierten TKI-Datenerhebung für das zweite Halbjahr 2017, für die 73 Datensätze vorliegen, lässt sich ein klarer Talentklima-Trend ermitteln: Allgemein wird es auf dem Arbeitsmarkt immer schwieriger, Talente – also passende Fach- und Führungskräfte – zu gewinnen. Dies fällt durchgängig extern noch problematischer aus als die interne Talentrekrutierung. Beispielsweise bewerten 51 Prozent der befragten Personalexperten, Führungskräfte und Mitglieder der Unternehmensleitung die firmeninterne Verfügbarkeit von Talenten als schlecht. 56 Prozent der Umfrageteilnehmer sehen die externe Talentlage kritisch. Der Anteil der negativen Bewertungen ist damit sowohl für die interne als auch die externe Verfügbarkeit von Talenten im Vergleich zum vorangegangenen Halbjahr gestiegen.
Ein Blick auf die Prognosen der Befragten zeigt: In Zukunft könnte die Situation für Unternehmen noch kritischer werden. So erwarten sechs von zehn Umfrageteilnehmern, dass zukünftig innerhalb des Unternehmens noch weniger Talente für Fach- und Führungspositionen zur Verfügung stehen. Externe Talente zu rekrutieren, wird aus Sicht von drei von vier Befragten schwieriger werden. Nur jeder Zehnte geht davon aus, dass sich die externe Verfügbarkeit von Talenten verbessern wird. Somit scheint der schon oft angekündigte War for Talents ganz offensichtlich auf dem Arbeitsmarkt angekommen zu sein.
Im Fragebogen wird aber nicht nur die wahrgenommene Verfügbarkeit von neuen Fach- und Führungskräften erfasst. Gleichzeitig interessiert auch, in welchem Ausmaß und welche Akteure im Unternehmen sich dem Talent-Management widmen – denn gerade bei Fachkräftemangel spielt dieses eine wichtige Rolle, um sicherzustellen, dass wichtige Positionen besetzt werden können.
Das Talent-Management-Engagement von Seiten der Personalabteilung wird von zwei von drei Befragten positiv gesehen. Führungskräften und der Geschäftsführung bescheinigt mehr als jeder Zweite eine gute Bereitschaft zum aktiven Talent-Management.
Aber: Im Vergleich zur vorherigen Datenerhebung hat sich das Commitment aus Sicht der Befragten verschlechtert. Der deutlichste Rückgang zeigt sich dabei beim wahrgenommenen Engagement der Personaler – resultiert hieraus ernst zu nehmender Handlungsbedarf? In ihren Prognosen gehen die Befragten jedenfalls davon aus, dass das Commitment der Personalabteilungen in Sachen Talent-Management in Zukunft stabil bleibt, während sich das von Führungskräften und der Geschäftsführung insgesamt verbessert.
Eine generelle Bereitschaft zum aktiven Talent-Management ist aber natürlich nur der erste Schritt. Daher beleuchtet der TKI auch, welche Faktoren aus Sicht von Personalexperten, Führungskräften und Mitgliedern der Unternehmensleitung erfolgreiches Talent-Management ausmachen. Dabei zeigt sich: Für den Erfolg des Talent-Managements sind in erster Linie die Führungskräfte und Mitarbeiter selbst ausschlaggebend, gefolgt von einer unterstützenden Unternehmenskultur. Gegenüber diesen eher weichen Einflussfaktoren werden Prozesse und moderne Tools sowie die stringente Ableitung einer Talent-Management-Strategie als weniger wichtig erachtet.
Mit dem Status-quo der verschiedenen Einflussfaktoren sind die Umfrageteilnehmer mehrheitlich nicht zufrieden. Am schlechtesten schneiden die Talent-Management-Prozesse und -Tools ab, die nur für drei von zehn Befragten bei Umfragestand zufriedenstellend sind. Auch die als am wichtigsten eingeschätzten Mitarbeiter und Führungskräfte könnten aus Sicht der Umfrageteilnehmer insgesamt deutlich mehr zum erfolgreichen Talent-Management beitragen.
Als hervorstechendste Erkenntnis muss zunächst einmal konstatiert werden, dass der Trend des Talentklimas, das sowohl die aktuelle und erwartete Talentlage abbildet, eindeutig negativ ist. Sowohl die interne als auch externe Talentlage wird kritisch bewertet – und die Prognosen sind noch pessimistischer, eine nennenswerte Besserung scheint kaum in Sicht.
Doch diese nachdenklich stimmenden Angaben bringen auch positive Aspekte mit sich: Ungeachtet der unbestreitbaren „Luft nach oben“ ist die Bereitschaft zum aktiven Talent-Management weiterhin klar erkennbar, um dem Fachkräftemangel entgegen zu wirken. Daneben weisen aber gerade die qualitativen Kommentare auf den Handlungsbedarf bei der ernsthaften Umsetzung in die Unternehmenspraxis hin. Bemängelt werden beispielsweise Kostendruck und Zeitmangel sowie fehlender Fokus auf die konkreten Kompetenzen einzelner Mitarbeiter.
Um dem Längsschnittcharakter des Talent Klima Index auch in Zukunft gerecht zu werden, wird die Datenerhebung weiter fortgesetzt: www.talentklimaindex.de.
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