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Umweltbewusster und klimaschonender leben – ein Ziel, das sich sicher viele für das neue Jahr gesteckt haben. Obwohl die Dringlichkeit eines stärkeren Umwelt- und Klimaschutzes immer stärker ins Bewusstsein rückt, scheitert es im Alltag oft an der Umsetzung. Dann wird doch das Obst in der Plastikverpackung gekauft, der Weg zur Arbeit mit dem Auto statt dem Rad zurückgelegt und für den Sommerurlaub die nächste Flugreise gebucht. Welche Möglichkeiten es gibt, die Motivation für umwelt- und klimaschonende Verhaltensweisen zu steigern, damit beschäftigten sich Münchener Psychologiestudierende der Hochschule Fresenius im Rahmen von Projektarbeiten.
Eine Studierendengruppe setzte sich mit der sogenannten kognitiven Dissonanz – einer vom Sozialpsychologen Leon Festinger entwickelten Theorie – auseinander. Kognitive Dissonanz ist ein Konflikt, der entsteht, wenn Einstellungen, Absichten oder andere Kognitionen mit dem Selbstkonzept kollidieren. Diese Dissonanz kann sich also zwischen dem Selbstverständnis, ein umweltbewusster Mensch zu sein, und einem Handeln, das diesem Verständnis (oft) nicht entspricht, bilden. „Dadurch entsteht ein innerer Spannungszustand. Wir Menschen sind jedoch recht gut darin, dieses schlechte Gewissen mithilfe verschiedener Strategien abzubauen“, erklärt Lara Ilius, Studentin der Psychologie (B.Sc.), die gemeinsam mit ihren Mitstudierenden Paul Herborg, Refikcan Yasar und Peter Schiemainski an dem Projekt gearbeitet hat.
Um zu erfassen, wie häufig und in welchen Kontexten fünf von Festinger beschriebene Strategien angewendet werden, werteten die Studierenden Selbsteinschätzungen von 192 Probanden aus, die sie über einen Online-Fragebogen eingeholt hatten. Dabei ging es um verschiedene Bereiche des Alltags, in denen durch menschliches Handeln Treibhausgase emittiert werden: Verkehr, Ernährung und verschwenderisches Verhalten im Haushalt. Die Ergebnisse zeigen: Die Hälfte der Befragten schätzt sich selbst als ziemlich oder sehr umweltbewusst ein. Dissonanzen erleben viele der Umfrageteilnehmer. Beispielsweise verursachen Flugreisen bei jedem Zweiten einen inneren Konflikt, der Fleischkonsum bei jedem Dritten.
Wie reduzieren die Befragten die kognitiven Dissonanzen in den einzelnen Bereichen? Auch dazu gaben sie eine Selbsteinschätzung ab. Von den untersuchten Strategien wird die sogenannte „Substitution dissonanter durch konsonante Kognitionen“ von den Probanden am häufigsten angewendet. Das heißt, sie verminderten ihr schlechtes Gewissen, indem sie sich eigene Handlungsbeispiele in den Kopf riefen, bei denen sie umweltbewusster gehandelt und das weniger umweltbewusste Verhalten somit in ihren Augen ausgeglichen haben. Auch die „Erhöhung der Wichtigkeit konsonanter Kognitionen“ wird von den Befragten häufig zur Dissonanzreduktion genutzt. In diesem Fall wird beispielsweise zwar anerkannt, dass Flugreisen das Klima schädigen, jedoch stellt die fliegende Person die Wichtigkeit, durch das Reisen andere Kulturen kennenzulernen, über die Auswirkungen auf das Klima.
„Zu wissen, wie genau Menschen ihr schlechtes ‚grünes‘ Gewissen unterdrücken, kann dabei helfen, Maßnahmen zu entwickeln, die zu umweltbewussterem und klimaschonendem Verhalten motivieren: Beispielsweise können im Bereich Ernährung, in dem auffallend wenige kognitive Dissonanzen angegeben wurden, zielgruppenspezifische Aufklärungsarbeiten geleistet werden. Damit kann aufgezeigt werden, dass auch hier Treibhausgase in nicht zu vernachlässigenden Mengen ausgestoßen werden“, erklärt Psychologiestudent Peter Schiemainski. „Spannend wäre nun noch, zu untersuchen, warum manche Probanden gar kein schlechtes Gewissen angaben. Man könnte hier vermuten, dass kein schlechtes Gewissen vorlag. Doch dass in keinem der fünf Bereiche kognitive Dissonanzen auftreten, schätzen wir als eher unwahrscheinlich ein. Vielleicht muss hier die Selbstreflexion mehr angeregt werden.“
Mit einer anderen Möglichkeit hat sich eine weitere Studierendengruppe auseinandergesetzt: Ist die Intervention in Form eines Videos ausreichend, um das Umweltbewusstseins zu steigern?
„Um eine Verhaltensänderung herbeizuführen reicht es nicht aus, wenn eine Intervention nur die kognitive Komponente anspricht und Problemwissen vermittelt. Das haben Studien bereits gezeigt. Es gibt aber Hinweise darauf, dass Problemwissen am wahrscheinlichsten zu einer Verhaltensveränderung führt, wenn in der Botschaft auch die emotionale Ebene angesprochen wird und Handlungsimplikationen aufgezeigt werden“, erklärt Psychologiestudentin Maria Trebesius, die an diesem Projekt beteiligt war. Ob ein Video diesen Interventionseffekt, den Hamann, Baumann und Löschinger beschrieben haben, auslösen kann, untersuchte sie gemeinsam mit Johannes Arnold, Merlin Klemme und Marika Wildhagen.
Dafür rekrutierten sie 40 Probanden, teilten diese in eine Experimental- und eine Kontrollgruppe ein und zeigten ihnen jeweils ein Video: der Experimentalgruppe zum Thema Umwelt, der Kontrollgruppe zu Bewegung. Beide Videos übermittelten Problemwissen, erzeugten Emotionen und zeigten Handlungsimplikationen auf. Sowohl vor Einsicht des Videos als auch eine Woche später füllten die Probanden einen Online-Fragebogen aus, der unter anderem umweltbezogene Einstellungen abfragte.
Die Untersuchung des kurzfristigen Effekts über eine Woche zeigt: Das Umwelt-Video als Intervention im Vergleich zum Kontrollvideo über Bewegung hat das Verhalten der Probanden nicht verändert. „Wir sehen allerdings, dass die Beschäftigung mit Umwelt- und Klimaschutz durch den Fragebogen der Untersuchung einen Effekt auf die Teilnehmer hatte“, so Psychologiestudentin Marika Wildhagen. „Das zeigt, dass eine aktive Auseinandersetzung mit dem Thema wichtig ist, um das Verhalten zu ändern. Weitere Untersuchungen müssen ergründen, wie genau diese Auseinandersetzung bestmöglich aussehen kann.“
Literatur
Festinger, L. (1957). Theorie der kognitiven Dissonanz. Mannheim: Huber.
Hamann, K., Baumann, A. & Löschinger, D. (2016). Psychologie im Umweltschutz. Handbuch zur Förderung nachhaltigen Handelns. München: oekom.
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