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Warum Pöbeln auf Xing gefährlicher ist als auf Facebook

Social Media am Arbeitsplatz – auch vor Gericht immer wieder ein Thema. Dabei geht es in der jüngeren Vergangenheit aber weniger um die Frage, ob und wie lange Angestellte Facebook, Twitter & Co. während der Arbeitszeit nutzen dürfen. Gegenstand der Verhandlungen ist stattdessen immer öfter, wie und wozu sie die Sozialen Medien nutzen dürfen. Treffen Arbeitnehmer dort nämlich den falschen Ton, kann das zur Kündigung führen.

BILD stellt die Hetzer an den Pranger“, unter dieser Überschrift ließ die Bild-Zeitung Ende 2015 Taten folgen: sie veröffentlichte zahlreiche Postings von deutschen Facebook- und Twitter-Nutzern, die sich über ihre Social Media-Profile abfällig bis rassistisch über in Deutschland ankommende Flüchtlinge äußerten. Am Ende des Artikels fordert die Zeitung: „Herr Staatsanwalt, übernehmen Sie!“

Tatsächlich wurden in Folge der Aktion einige Ermittlungsverfahren wegen Volksverhetzung eingeleitet. Ob die an den Pranger gestellten Nutzer auch Ärger mit ihren Arbeitgebern bekamen, ist nicht näher bekannt. Spätestens seit der Bild-Aktion wird jedoch zumindest verstärkt darüber diskutiert, ob und inwiefern Hasskommentare im Internet als Kündigungsgrund geltend gemacht werden dürfen.

„Grundsätzlich besteht die Möglichkeit, Arbeitnehmern aufgrund ihrer Äußerungen auf Facebook, Twitter & Co. zu kündigen“, weiß Prof. Dr. Michael Fuhlrott, Studiendekan Wirtschaftsrecht und Human Resources Management an der Hochschule Fresenius Hamburg. In einem aktuellen Aufsatz hat der praktizierende Fachanwalt für Arbeitsrecht die Rechtslage zum Thema „Social Media am Arbeitsplatz“ zusammengefasst.

IM EINZELFALL GILT ES ZWISCHEN DER MEINUNGSFREIHEIT DES ANGESTELLTEN UND DEN INTERESSEN DES ARBEITGEBERS ABZUWÄGEN

Der Beitrag stellt unter anderem heraus: Wenn ein Arbeitnehmer eine Äußerung in den Sozialen Netzwerken öffentlich tätigt, also nicht durch eine technische Einschränkung nur den Freunden oder anderen privaten Gruppen zugänglich macht, dann kann diese Äußerung durchaus einen wichtigen Grund für eine fristlose Kündigung darstellen – sofern die Aussage sich als rechtswidrig oder rufschädigend für den Arbeitgeber einstufen lässt. „Man muss in diesen Fällen natürlich immer zwischen der Meinungsfreiheit des Arbeitnehmers und den berechtigten Interessen des Arbeitgebers abwägen. Überwiegen letztere kann eine fristlose Kündigung eine zulässige und verhältnismäßige Reaktion sein“, ergänzt Fuhlrott.

Insgesamt seien aber noch viele Fragen im Zusammenhang mit den Kündigungsmöglichkeiten aufgrund von Social Media-Postings ungeklärt. „Das Problem ist schlichtweg zu neu“, so Fuhlrott. Der Empfängerkreis eines Postings sei aber definitiv ein Faktor: „Wie wahrscheinlich es ist, dass Dritte von einem Kommentar erfahren können, spielt bei der rechtlichen Beurteilung genauso eine Rolle wie die Art der Plattform, auf der die Äußerung getätigt wurde“, weiß Fuhlrott. So sei es ein Unterschied, ob die Plattform, auf der ein Kommentar veröffentlicht werde, eher privaten oder eher beruflichen Zwecken diene – Pöbeln auf Xing ist also vergleichsweise gefährlicher als auf Facebook.

Wer dieser Gefahr ganz allgemein aus dem Weg gehen möchte, dem empfiehlt Fuhlrott, Nachhilfe in Sachen Medienkompetenz zu nehmen: „Viele Arbeitnehmer sind im Umgang mit den Sozialen Medien immer noch zu sorglos. Man sollte immer im Hinterkopf haben, dass das Internet nicht vergisst. Selbst scherzhaft gemeinte Äußerungen, die man gleich wieder löscht, können von anderen – zum Beispiel von neidischen Kollegen – per Screenshot festgehalten, dem Vorgesetzten zugespielt und am Ende zum Verhängnis werden.“